PERSON

FAMILIEPlettenberg zu Nordkirchen/Wittem, von
VORNAMEFerdinand


GESCHLECHTmännlich
GEBURT DATUM1690-07-27   Suche
GEBURT ORTPaderborn
TAUFNAMEFerdinand Wilhelm Adolf Franz
KONFESSIONkath.
EHEPARTNER(I) 27.12.1712: Münster, Fraterhaus: Westerholt zu Lembeck, Bernhardina /Alexandrine von (Lembeck 16.01.1695-Münster 13.06.1757), beerdigt in der Familiengruft in Nordkirchen, Eltern: Dietrich Konrad Adolf (1658-30.01.1702) und (Heirat 01.12.1691) Maria Anna Theodora Waldbott von Bassenheim zu Gudenau (1665-15.10.1742)
TOD DATUM1737-03-18   Suche
TOD ORTWien
BEGRÄBNIS DATUM1737-03-22
BEGRÄBNIS ORTWien, Minoritenkloster


BIOGRAFIEAls Neffe der beiden münsterischen bzw. Paderborner Fürstbischöfe Friedrich Christian v. Plettenberg (reg. 1688-1706) und Franz Arnold v. Wolff-Metternich (reg. 1704/1707-1718) und Großneffe von deren Vorgängern Ferdinand v. Fürstenberg (reg. 1661/1678-1683) bzw. Hermann Werner v. Wolff-Metternich (reg. 1683-1704) am 27.07.1690 in Paderborn geboren, war Plettenberg als zweiter Sohn zunächst auch für den geistlichen Stand bestimmt, erbte nach dem Tode seines älteren Bruders 1711 aber Nordkirchen und das Amt eines Erbmarschalls (Vorsitzenden der Ritterschaft) des Fürstbistums Münster. Beides hatte sein Onkel Friedrich Christian für die Familie erworben. Sie brachten ihm jährliche Einkünfte von 13-21.000 Talern ein.

1713 Geheimer Rat seines Onkels Franz Arnold, betrieb er als geschickter Diplomat in kurbayerischem Auftrag erfolgreich die Wahl des Bayernprinzen  Clemens August zum Fürstbischof von Münster und Paderborn (1719), zum Kurfürsten von Köln (1722), Fürstbischof von Hildesheim (1724) und Osnabrück (1728). Die Vereinigung der rheinisch-westfälischen Bischofsländer in der Person des bayerischen Prinzen antwortete auf den Aufstieg der benachbarten protestantischen Staaten Preußen (Königreich 1701) und Hannover (erbt das Königreich Großbritannien 1714) zu Großmächten. Clemens August erhob ihn dafür zum Obristkämmerer (1719), Landdrosten zu Dringenberg im Hochstift Paderborn, zum Kammerpräsidenten in Hildesheim (1724) und kurkölnischen Obristhofmeister (1731) mit entsprechenden Einkünften. 1724 in den Reichsgrafenstand erhoben, kaufte er die Grafschaft Wittem und erhielt damit Sitz und Stimme im Niederrheinisch-Westfälischen Grafenkollegium.

Verfolgte Plettenberg als Obristkämmerer (1723) und leitender Minister des Clemens August zunächst eine politische Anlehnung an Kurbayern und Frankreich - die "Wittelsbacher Hausunion" 1724 war auch sein Werk - so steuerte er 1731/32 einen kaiserfreundlichen Kurs und erwirkte die Anerkennung der "Pragmatischen Sanktion" (die weibliche Erbfolge der Habsburger in ihren Erblanden) durch den Kurfürsten und damit dessen Wahl zum Hochmeister des Deutschen Ordens (1732). Sein Ehrgeiz richtete sich auf den Wiener Kaiserhof, doch scheiterte seine Bewerbung um das Amt des Reichsvizekanzlers 1731 in Konkurrenz mit einem Schönborn. Immerhin wurde er 1732 in den kaiserlichen Orden vom Goldenen Vlies, den vornehmsten Orden Europas überhaupt, aufgenommen. Dem Erfolg folgte 1733 der jähe Fall, als ein Freund Plettenbergs im Duell einen Vertrauten des Kurfürsten erstach. Der Kurfürst machte den Minister verantwortlich und entließ diesen. In kaiserliche Dienste übergetreten, starb Plettenberg am 18. März 1737 in Wien, kurz vor der Abreise als Botschafter nach Rom.

Dem politischen Ehrgeiz Plettenbergs entsprach ein ungeheurer repräsentativer Anspruch. Schloßbauten - so der Ausbau Nordkirchens und des ihm vom Kurfürsten Joseph Clemens geschenkten Stadthof in Bonn, der Aufbau einer erlesenen Gemäldesammlung (ab 1725 in Bonn), Porträtaufträge an die namhaftesten Bildnismaler seiner Zeit, der Ankauf des feinsten, in Augsburg vergoldeten Meißner und China-Porzellans, die Anlage des Nordkirchener Schloßgartens durch den kurbayerischen Gartenarchitekten Dominique Girard, schließlich die Förderung des jungen und talentierten Johann Conrad Schlaun, der 1720-23 seine große Reise nach Würzburg, Paris und Rom unternehmen konnte und nach seiner Rückkehr die Bauleitung in Nordkirchen übernahm, lassen den kulturellen - und auch politischen - Ehrgeiz Plettenbergs noch heute erkennen. Sie bedeuteten auch den finanziellen Ruin der Familie: trotz seiner Einkünfte hatte er bei seinem Sturz 1733 Schulden in Höhe von fast 250.000 Talern, so daß seine Witwe nach seinem Tode in größerem Umfang Möbel, Glas, Porzellan und Gemälde verkaufen mußte und noch seine Enkel zu Notverkäufen, so des Familiensilbers, gezwungen waren.


Literatur

Max Braubach, Ferdinand von Plettenberg, in: Westfälische Lebensbilder Bd. 9, Münster 1963, S. 34-51; Karl-Eugen Mummenhoff, Schloß Nordkirchen, München/Berlin o.J. (1975); Gerd Dethlefs, Johann Conrad Schlaun in seiner Zeit, in: Hans Galen (Hg.), Johann Conrad Schlaun in Münster, Ausstellungskatalog Stadtmuseum Münster 1995, S. 9-22; Karl-Eugen Mummenhoff, Schloß Nordkirchen. Die Bauten Schlauns für Ferdinand von Plettenberg, in: Klaus Bußmann / Florian Matzner / Ulrich Schulze (Hg.), Johann Conrad Schlaun 1695-1773. Architektur des Spätbarock in Europa, Ausstellungskatalog Westfäl. Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Stuttgart 1995, S. 238-297; Gerd Dethlefs, Joseph Vivien: Ferdinand Freiherr von Plettenberg (= Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Kunstwerk des Monats Juni 1998); Marcus Leifeld, Macht und Ohnmacht der Kölner Kurfürsten um 1700. Vier kurkölnische "Erste Minister" als politische Bedeutungsträger, in: Frank Günter Zehnder Im Wechselspiel der Kräfte. Politische Entwicklungen des 17. und 18. Jahrhunderts in Kurköln (=Der Riss im Himmel. Clemens August und seine Epoche, Bd. 2), Köln 1999, S.62-95.

Gerd Dethlefs
 

QUELLEBiografie | 1 |
AUFNAHMEDATUM2004-01-09
 
Weitere Biografie/n:
  Weidner, Marcus | Landadel in Münster 1600-1760 | Nr. 190, S. 665f.


PERSON IM INTERNET  Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster: "Kunstwerk des Monats Juni 1998
Biografien, Literatur und weitere Ressourcen zur Person mit der GND: 123591627
  Hessische wissenschaftliche Bibliotheken, Verbundkatalog (hebis)
  Personen im Verbundkatalog des HBZ NRW


QUELLE    Weidner, Marcus | Landadel in Münster 1600-1760 | Nr. 190, S. 665f.
  Braubach, Max | Ferdinand von Plettenberg (1690-1737) |
   | Köln Westfalen 1180-1980 | Bd. 1, S. 488
  Hesse-Frielinghaus, Hertha | Ein Beitrag zum Lebensbild von Johann Conrad Schlaun |
  Rensing, Th[eodor] | Ferdinand von Plettenberg [als "Königsmacher"] |
  Schulte-Hobein, Jürgen (Red.) | Kurfürst, Adel, Bürger | S. 128f.

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Zeit3.4   1650-1699
3.5   1700-1749
Ort2.21   Münster, (Fürst-)Bistum < - 1802>
2.28   Paderborn, (Fürst-)Bistum < - 1802>
2.34   Recklinghausen, Vest < - 1802/03>
2.45   Westfalen, Hztm. < - 1802>
4.260   Köln, Erzstift / KFtm.
Sachgebiet3.1   Staat, Politik und Verwaltung / Allgemeines
3.7.3   Minister, Mitarbeiter
DATUM AUFNAHME2004-01-09
DATUM ÄNDERUNG2010-09-23
AUFRUFE GESAMT6535
AUFRUFE IM MONAT996