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(100 KB)   Grabmal des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg im Dom zu Paderborn / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem   Grabmal des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg im Dom zu Paderborn / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem
TITELGrabmal des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg im Dom zu Paderborn


INFORMATIONSchon zu Lebzeiten gab Bischof Dietrich von Fürstenberg ein Grabmal für sich bei Meister Heinrich Gröninger in Auftrag. Dem religions- und staatspolitischen Programm Fürstenbergs sollte über den Tod hinaus eine dauerhafte, repräsentative und autoritative Wirkung gesichert werden. Seine Absicht das Urteil der Zeitgenossen und der Nachwelt zu beeinflussen, ließ er zweifelsfrei auf das mit einer Höhe von 17 Metern "größte Bischofsdenkmal Westfalens" meißeln: "Mors certa est incerta dies neque certa tuorum cura; tibulum, si sapis ipse loca!" (übersetzt: "Sicher ist der Tod, ungewiß der Tag und nicht sicher das Andenken der Deinen; daher setze, bist Du weise, Dir Dein Denkmal selbst!") [1] Nicht nur äußerlich hinsichtlich der Größe, sondern auch künstlerisch beansprucht das Grabmal einen hervorragenden Rang: Es gilt als "... ungemein prunkvoll, aus verschiedenfarbigem Steinmaterial ... ein glanzvolles Zeugnis für das Selbstbewußtsein eines Kirchenfürsten der Gegenreformation und zugleich ein Hauptwerk des Manierismus in Westfalen." [2] Allein der ursprüngliche Aufstellungsort, in unmittelbarer Nähe zum "Allerheiligsten", an der Nordwand des Hochchores im Paderborner Dom belegt den Geltungsanspruch Dietrichs von Fürstenberg. (Das Grabmal wurde erst 1924 an die Westwand des nördlichen Seitenschiffes versetzt).

Das Grabmal verbindet Allegorie und Biographie. Über das ganze Kunstwerk sind Heilige und allegorische Figuren verteilt die ihm besondere Dynamik und Ausdruckskraft verleihen. Darunter befindet sich Bischof Dietrich in Pontifikalkleidung vor einem Kreuz kniend, das ebenso wie der Bischofsstab von Engeln gehalten wird. Im Hintergrund sind die wichtigsten Bauten des Bischofs zu sehen: "die Academia Theodoriana als dem geistigen Bollwerk des Bistums, flankiert von den landesherrlichen Stützpunkten" (Schloß Neuhaus und Wewelsburg). [3] Daneben liegt der Paderborner Bistums-Heilige St Meinolf mit der Klosterkirche zu Böddeken, die seinem Patronat unterstellt war und in der Dietrich von Fürstenberg am 30.07.1589 die Bischofsweihe erhalten hatte. [4] Auf der linken Seite ist der selige Bischof Meinwerk mit der (Grabes-) Abdinghof-Kirche zu Paderborn zu sehen, der sich unter den insgesamt 44 Amtsvorgängern Dietrichs IV. u. a. durch den Ruf eines Neugründers der Paderborner Kirche auszeichnete. [5] Offensichtlich verstand sich der Auftraggeber des Kunstwerks als ein dem Bischof Meinwerk ähnlicher oder vergleichbarer Neugründer, als der er auch nach seinem Tode angesehen werden wollte und tatsächlich in zeitgenössischen Reden und Publikationen (vgl. Vita Meinwerci, Ed. 1616) angesprochen wurde. [6]

Das ehrgeizige historisch begründete Selbstverständnis Dietrichs als zweiter Neugründer des Paderborner Bistums wird in religiöser, biblischer Dimension verstärkt durch die ihn überragende Gestalt des Propheten Ezechiel und dessen Vision im beherrschenden Mittelteil des Grabmals. Darin ist die Auferstehung der Toten dargestellt, nach deren Schau Ezechiel weissagte: "Siehe, ich öffne eure Gräber und hole euch aus euren Grabstätten heraus als mein Volk. Ich bringe euch heim ins Land Israel. Dann werdet ihr erkennen, daß ich der Herr bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch aus euren Grabstätten als mein Volk heraushole" (Ezech 37, 12 b f). Fürstbischof Dietrich betrachtete sich als zweiter, kämpferischer "Ezechiel". - Darüber ist die Auferstehung des Lazarus zu sehen (Lk 16, 19-31; Jo 11, 1-12, 11). So erschien Dietrich wie ein Paderborner "Lazarus" - zu Lebzeiten von (evangelischen) Bürgern und Adeligen verkannt und mißachtet, von Gott aber geliebt und nach dem Tode zu ewigem Leben und himmlischem Lohn auferweckt.

Die Thematisierung von Tod und Auferstehung entsprechen sechzehn Ahnenwappen des Fürstbischofs, unter denen er kniet und die von neuem seinen Familiensinn und dessen politischen Charakter verdeutlichen. Gleich einer Klimax wird das Hauptgeschoss mit der Vision Ezechiels vom bischöflichen Amtswappen abgeschlossen. Im Geviert ist das Paderborner Wappenkreuz vor den beiden Fürstenbergischen Balken zu sehen.

Das Grabmal kann als zeitgenössisches Denkmal katholischer Frömmigkeit und Paderborner Totenbrauchtums verstanden werden. Allein vor diesem Hintergrund ist die meinungs- und bewußtseinsprägende Wirkung in der Paderborner Bevölkerung verständlich. Andererseits diente das Grabmal zugleich als wichtiges Propagandamittel, um das staats- und kirchenpolitische Programm der Paderborner Gegenreformation und deren biblisch-theologische Dimensionen kirchlich-geistiger, seelsorglicher und politischer Erneuerung (landesherrliche Repräsentation, Tradition .ursprünglicher und aktueller Missionierung der Ungläubigen durch Bistumsheilige, bzw. durch Dietrich IV., geistige und religiöse Erneuerung durch die Jesuiten, biblisch-theologische Rechtfertigung, Verbundenheit mit den Ahnen / -wappen) in dem von Dietrich gedachten harmonischen Zusammenspiel.



(Abb. aus: Bauer/Hohmann, Der Dom zu Paderborn, Paderborn 1968, Nr. 81)

[1] Brandt/Hengst, Bischöfe von Paderborn, S. 226. Auf dem Postament sind die folgenden Inschriften zu lesen: "1. Theodorus/ e Familia Furstenb/ergia Dei et Aposto/licae Sedis Gratia Ec/ clesiae Paderbornens/Episcopus S.R.I.Princeps/ In Hoc Sepulcro Quod/vivus Ac valens faci/ enduni sibi Iocavit/ Novissimam/ tubam ex/ spectat. 2. Principis hic tumulus Theodori est/Carmina Quaeris/Grandibus in tumuli marmore/ scripta notis/Aspice templa aras arces Col./legia libros/ aspice vel tumuli quem modo/ cernis opus/ nil refert/ cum lapides clament, car/ mina iure tacent 3. Decessit anno chris/tiano 1618 Die 4 Men/ sis Decemb aetatis suae/71 cum per annos 33/ Dioecesin Paderbor/nen. Difficillimis/temporibus Gu/ bernas/set. 4. Mors certa est, incerta dies neq/certa tuorum/ cura, tibi tumulum si sapis ipse loca. 5. Scio quod redemptor/ meus vivit. Et in No/ vissimo die de ter/ ra surrecturus surr Job 19.6. Et rursum circumda/ Bor pelle mea/ et in carne mea/ videbo deum meum ibid. 7. Mortuus ut vivas, vivus moria/ ris oportet./ Ergo disce prius quam moria/ re mori."



[2] Dehio, Georg, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Nordrhein-Westfalen, Band 2 (Westfalen) - Sonderausgabe, bearb, von Dorothea Kluge und Wilfried Hansetann, München, Darmstadt 1969, S. 449. Der Manierismus ist hier im Sinne einer besonderen, künstlerisch dokumentierten Geisteshaltung zu verstehen: das Streben nach Exklusivität, nach einer Sonderstellung in der Gesellschaft. Dazu dient die Verstärkung als hervorragendes Ausdrucksmittel.
[3] Brandt / Hengst, Bischöfe von Paderborn, S. 228.
[4] St. Meinolf (geb. vor 800, gest am 05.10.847), Pate Karls des Großen, in der Paderborner Domschule erzogen, 836 Erzdiakon, Gründer des Klosters Böddeken 836.
[5] Der Selige Meinwerk (geb. ca. 970, gest. 05.06.1036) war Schüler an den Domschulen zu Halberstadt und Hildesheim, wurde von Kaiser Otto III. als Pfalzkaplan nach Aachen berufen, 1009 von Kaiser Heinrich II. zum Bischof von Paderborn erhoben, gründete das Kloster Abdinghof und errichtete die Busdorfkirche. In seiner Zeit erlebte Paderborn als häufiger Aufenthaltsort des Kaiserhauses eine Blütezeit Ein großzügiges Bauprogramm prägte das Stadtbild bis zur beginnenden Neuzeit. Meinwerk gilt als zweiter Begründer der Paderborner Kirche.
[6] Siehe Brandt, Hans Jürgen und Karl Hengst, Die Bischöfe und Erzbischöfe von Paderborn, Paderborn 1984, S. 222, 118.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem


QUELLE    Vogt, Arnold | Die Gegenreformation im Paderborner Land | Dia 08, S. 33-35
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.2   1550-1599
Ort2.28   Paderborn, (Fürst-)Bistum < - 1802>
Sachgebiet16.2   Katholische Kirche
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT7919
AUFRUFE IM MONAT916