Projekte > Amt und Würden > 3. Not - Krise - Schicksalsschläge











3. Not - Krise - Schicksalsschläge


 
 
 
Individuelle Schicksalsschläge konnten jederzeit eine akademische Ausbildung beenden. Die politischen Zäsuren der ersten Jahrhunderthälfte führten zum massenhaften Studienabbruch junger Frauen unabhängig von ihrer Befähigung.

Hyperinflation (1923) und Weltwirtschaftskrise (1929-1932) entzogen vielen Familien die finanzielle Grundlage. Vor allem junge Frauen mussten beruflich umsatteln. Im Mittelpunkt der familiären Förderung stand die Unterstützung des Ehemannes oder Sohnes.

Ähnliche Entwicklungen brachte der Zweite Weltkrieg. Flucht und Vertreibung durchkreuzten die Lebenspläne zahlloser junger Frauen trotz erfolgreicher Studienverläufe. Beim Neuanfang hatte die Schaffung einer neuen Existenz und die Familiengründung häufig Vorrang.

Viele bisher erfolgreiche Lebensläufe brechen abrupt ab. Beim Neuanfang haben Frauen oft das Nachsehen. Wird es eng, werden die finanziellen Ressourcen in Mann, Sohn oder Bruder investiert. In Krisenzeiten haben traditionelle Geschlechterrollen Konjunktur.

Doch auch in Krieg und Neuanfang kann eine Chance zur Revision bisheriger Lebensläufe liegen: Fehlende formale Qualifikationen werden plötzlich bedeutungslos; Männer- und Akademikermangel geben mancher Frau eine ungeahnte Möglichkeit, jetzt eine Existenz zu gründen, die sonst am "Doppelverdienerargument" gescheitert wäre.

 Teil 1: Ausstellung
 Teil 2: Tagung


Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Die Welt in Trümmern"
 
 

Lebenswege

 
 









Paula Dach (1905-1993)

 
 
 
Das Leben von Paula Dach, Jahrgang 1905, hätte ohne Inflation und Wirtschaftskrise einen völlig anderen Lauf genommen.

Sie wächst in Dortmund als Tochter eines wohlhabenden Hoteliers und Gastwirtes auf. In der Schule fällt sie durch besondere Begabung auf. Als Einzige der sechs Geschwister macht sie 1923 das Abitur und beginnt im gleichen Jahr auf dem Höhepunkt der Inflation ein Medizinstudium in Jena.

1925 ist das Familienvermögen, von dem schon Teile durch Kriegsanleihen verloren gingen, aufgezehrt. Notgedrungen ruft der Vater die Tochter nach beendetem Physikum zurück. Ein 'Brotberuf' muss her. Paula Dach lässt sich zur MTA ausbilden, findet bald bei der Landesversicherungsanstalt eine dauerhafte Anstellung und bleibt dort bis zur Rente.

Über die Wende in ihrem Leben empfindet sie keine Bitterkeit. Ihr Einkommen ermöglicht ihr zahlreiche Hobbys und Reisen. Wie zwei andere Schwestern bleibt sie unverheiratet.

Für den Vater fühlt sie trotz des Studienabbruchs eine große Zuneigung. Auf dem Sterbebett bezeichnet er den damals unumgänglichen Studienabbruch als den einzigen großen Fehler seines Lebens, der ihn sehr reue - ein Bekenntnis, das lange in ihr nachwirkt.
Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Paula Dach (um 1930)

Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Poesiealbum (1923)
 
 

Krieg - Diktatur - Neuanfang

 
 
 
Mit dem Ziel der Errichtung einer totalitären Diktatur auf rassistischer Grundlage zerschlugen die Nationalsozialisten in Deutschland seit 1933 sukzessiv alle partizipatorischen Elemente und demokratischen Grundprinzipien einer bis dahin freiheitlichen Republik.

Bestehende Einrichtungen und Organisationen wurden aufgelöst und verboten, Männer wie Frauen wurden wegen ihrer Religion, Nationalität oder politischen Anschauung verfolgt, das gesamte politische und gesellschaftliche Leben wurde einer umfassenden Kontrolle ausgesetzt. Nur wenige Frauen und Männer waren bereit und schafften es, dieser totalitären Durchdringung des gesamten öffentlichen und privaten Lebens Widerstand entgegen zu setzen.
 
 
 

Lebenswege

 
 









Brigitte Engel (1919-2006)
geb. Schur

 
 
 
Brigitte Engel steht für zahllose junge Frauen, deren Leben durch Krieg und Flucht eine unwiderrufliche Wende nahmen. Geboren ist sie 1919 als einzige Tochter wohlsituierter Eltern im ostpreußischen Bartenstein; dort erlebt sie eine unbeschwerte, glückliche Kindheit. Der Vater, ein Apotheker, möchte der Tochter eine gute Lebensperspektive bieten. Der Weg zum Abitur führt in der ländlichen Umgebung über ein Internat. Der Impuls zum Medizinstudium kommt ebenfalls von ihm. Nach Abitur 1939 und Arbeitsdienst beginnt Brigitte Schur noch im selben Jahr ein Medizinstudium in Berlin, 1940 wechselt sie an die Universität Königsberg. Sie studiert mit Zielstrebigkeit und Fleiß. Praktika belegen eine gute Eignung zum Arztberuf, sie möchte Kinderärztin werden.

1942 heiratet sie Dr. Klaus Engel, einen Kommilitonen. Ein Jahr später wird das erste Kind geboren. Während ihr Mann bald an die Front muss, führt Brigitte Engel ihr Studium ohne Unterbrechung weiter; ihre Eltern helfen finanziell und organisatorisch. Kurz vor dem Zweiten Staatsexamen drängt der Vater die junge Frau mit ihrem Kind zur Flucht; mit im Gepäck sind alle Studiendokumente. Die Fortführung des eingeschlagenen Weges ist fest geplant.

Der Neuanfang in Lünen bei den Schwiegereltern verläuft anders als geplant. Als ihr Mann 1946 aus dem Krieg zurückkehrt, eröffnet er eine Praxis als Allgemeinmediziner. Brigitte Engel assistiert ihm. Drei weitere Kinder folgen.

1961 trennt sich das Paar. Brigitte Engel sucht eine zweite Chance und will mit Hilfe des Vaters, inzwischen Apotheker in Paderborn, ihr Studium beenden. Doch bei einem schweren Autounfall stirbt der Vater, sie selbst überlebt nur knapp.

Sie nutzt nun ihre Medizinkenntnisse, macht 1962 eine Ausbildung zur MTA und bringt die Kinder allein durch. In Paderborn ist sie gesellschaftlich isoliert, so dass sie zu ihren Kindern an deren Studienort in Münster umsiedelt. Hier bleibt sie bis zu ihrem Tod 2006.
Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Brigitte Engel (1940)

Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Anatomievorlesung an der Friedrich-Wilhelms-Universität (1940)

Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Labor des Anatomischen Instituts der Universität Königsberg (1940)

Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Studentinnenmütze (1940)
 









Marianne Nett (1908-1997)
geb. Schmidt

 
 
 
Auch krankheitsbedingt können akademische Karrieren plötzlich abbrechen. Marianne Nett ereilt ein solcher Schicksalsschlag, wodurch ihre universitäre Ausbildung findet ein abruptes Ende findet.

Marianne Schmidt wird 1908 in Dortmund geboren; die Familie hat vier Töchter. Der Vater, städtischer Angestellter, unterstützt seine Töchter finanziell und ermöglicht allen eine gute Ausbildung. 1928 legt sie das Abitur ab und möchte anschließend Gewerbelehrerin werden. Sie ist in künstlerischen Arbeiten sehr begabt und hat Freude im Umgang mit Menschen.

Die Familie unterstützt ihren Berufswunsch. Zur Vorbereitung auf die akademische Ausbildung besucht sie von 1929 bis 1930 die gewerbliche Fachschule in Dortmund.

1931 immatrikuliert sich Marianne Schmidt an der Handelshochschule in Berlin, wo sie drei Semester studiert. Im Sommer 1932 muss die junge Frau das Studium abbrechen, da sie an Orthosklerose erkrankt ist und dadurch fast taub ist. Im Oktober 1932 bescheinigt ihr der Regierungspräsident in Potsdam, dass sie mit den schweren Hörschäden als Lehrerin berufsunfähig ist.

Ein Lebenstraum ist damit geplatzt. 1937 heiratet sie den Kriminaloberassistenten Heinrich Anton Nett und ist in den folgenden Jahren nicht mehr berufstätig. Dennoch bekommt Marianne Nett häufig Aufträge von Privatkunden und kann sich Dank ihres handwerklichen Geschickes und ihrer Kreativität ein Zubrot verdienen. Mit 70 Jahren ist sie vollkommen taub. Marianne Nett stirbt 1997.
Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Marianne Schmidt (Ende der 1930er Jahre)

Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Im Kreise von Studienkollegen (1931)

 Bescheinigung des Regierungspräsidenten (1932)
 









Elisabeth Reckmann (1894-1976)
geb. Hölscher

 
 
 
Über die einzige weibliche Abgeordnete der Stromberger Gemeindevertretung und des Beckumer Kreistages während der Weimarer Republik gibt es - wie bei so vielen kommunalpolitisch tätigen Frauen - neben der Angabe ihres Namens und eines Fotos, das sie alleine inmitten einer Schar von männlichen Parlamentariern zeigt, kaum Überlieferungen.

Die engagierte Hausfrau und Mutter von drei Kindern, die in Wadersloh geboren und aufgewachsen ist, zieht Anfang der 1920er Jahre anlässlich ihrer Heirat mit dem Schreiner Heinrich Reckmann nach Stromberg, in den Ort, der über 50 Jahre der Wirkungsbereich ihrer vielfältigen Aktivitäten werden soll. Sowohl ihre Bekanntheit als freiberufliche Redakteurin der örtlichen Tageszeitung wie auch ihre Hilfsbereitschaft, wenn es darum geht, bei Problemen und Anfragen ihren Mitbürger/-innen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, verschaffen ihr 1925 als einziger Kandidatin der "Liste Kleinlandwirtschaft" ein Mandat im Beckumer Kreistag.

1929 tritt die stets unter der Berufsbezeichnung "Hausfrau" bzw. "Ehefrau" geführte Kreistagsabgeordnete in die Zentrumspartei ein, für die sie im Beirat des Kreisjugendamtes tätig ist. Gleichzeitig wird sie wiederum als einzige weibliche Kandidatin neben elf männlichen Mandatsträgern in den Stromberger Gemeinderat gewählt.

Als sie anlässlich der Wahl zur Gemeindevertretung mit ihrer Arbeiterliste "Reckmann und Höckelmann" unter insgesamt fünf Listen die zweitmeisten Stimmen in Stromberg erhält, kann sie ihr Mandat nicht mehr annehmen. Mit der 'Machtergreifung' der Nationalsozialisten, die die parlamentarische Mitarbeit von Frauen grundsätzlich ablehnen, werden Politikerinnen ohne jedwede gesetzgeberische Maßnahme aus den parlamentarischen Vertretungen verdrängt und schließlich vollends ausgeschlossen. Auch ihre Vorstandsarbeit im "Pächter- und Kleinbauernbund", in dem sie sich maßgeblich für die Gründung von ländlichen Mädchenfortbildungsschulen und Kleinsiedlerstellen einsetzt, erlischt mit dessen Auflösung im Jahre 1933.

Nicht zuletzt wegen ihres weiterhin couragierten Auftretens wird Elisabeth Reckmann am 23.08.1944 Opfer terroristischer Maßnahmen der Gestapo. Als nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20.07.1944 unter dem Decknamen "Aktion ­ Gewitter" umfassende Verhaftungsaktionen vorgenommen werden, wird auch Elisabeth Reckmann als einzige Person aus Stromberg festgenommen und in Münster inhaftiert. Doch schon unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg engagiert sich Elisabeth Reckmann erneut, wenn auch nicht wie zuvor als politische Mandatsträgerin. Stattdessen arbeitet sie in zahlreichen sozial-caritativen Vereinen mit und wird zur Mitbegründin und ersten Vorsitzenden des "Vereins für Stromberger Freilichtspiele in Stromberg i. W.".
Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Elisabeth Reckmann (rechts) mit ihrer Tochter (1940)

Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Beckumer Kreistag (1925)
 









Hildegard Hauck (1905-1988)
geb. Unglaube

 
 
 
Hilde Hauck, 1905 als Ernestine Hildegard Karoline Unglaube in Lünen geboren, gehört zu den wenigen Menschen, die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus Mut bewiesen haben, jedoch in der Bundesrepublik zu Zeiten des Kalten Krieges nicht davor gefeit waren, ein zweites Mal zum Ziel von Repressionen zu werden.

Als gelernte Verkäuferin geht Hilde Hauck 1926 gegen den Willen ihrer Eltern nach Berlin, um dort auf einer Arbeiterschule ihr Abitur zu machen. 1930 tritt die mittlerweile 25-jährige Sozialdemokratin in die KPD ein und übersiedelt 1932 nach Moskau. Dort arbeitet sie als Redakteurin an einer deutschsprachigen Zeitung mit Kurt Neumann, ihrem ersten Ehemann und Vater ihrer beiden Kinder, der 1938 während der stalinistischen 'Säuberungen' verhaftet und nach Sibirien verbannt wird.

Hilde Hauck, zu dieser Zeit hochschwanger, wird nun aus der Sowjetunion ausgewiesen. Doch statt zu resignieren, deutet sie diese Ausweisung als Auftrag, ihre politische Arbeit gegen den Nationalsozialismus nun im Untergrund mitten in Deutschland fortzusetzen. Mutig meldet sie sich in Berlin als "Verfolgte der SU" sofort bei der Gestapo, nicht zuletzt da sie weiß, dass Bespitzelungen und Verhöre sowieso anstehen würden.

Mittellos kehrt sie nach Lünen zurück, erhält dort eine Stelle in der Stadtverwaltung und nimmt Kontakt zu ehemaligen befreundeten Sozialdemokraten auf. Gemeinsam versuchen sie Verbindungen zu weiteren Dissidenten bis nach Dortmund herzustellen. So entsteht ein dichtes Netz von SozialdemokratInnen, KommunistInnen und ChristInnen, die sich gegenseitig unterstützen, im Zweifelsfall einander warnen, Verfolgte aufnehmen und durch Mundpropaganda über die Gräuel des Nationalsozialismus aufklären. Hilde Hauck nutzt dabei ihre Tätigkeit in der Stadtverwaltung Lünen, um jüdischen MitbürgerInnen eine ausreichende Versorgung zukommen zu lassen und ZwangsarbeiterInnen Arbeitsstellen bei ihr bekannten Bauern zu verschaffen oder zusätzliche Lebensmittel zu besorgen. Ständig in Angst vor Entdeckung, kann diese mitmenschliche Arbeit nur im Geheimen verlaufen. Manche treten sogar zum Schein in die NSDAP ein. Hauck war in Berlin gezwungen worden, ein Dokument zu unterschreiben, das sie verpflichtet, Stimmungsberichte über die Bevölkerung zu schreiben. Das tut sie, allerdings so unverbindlich, dass weder Namen noch Aktionen von Widerstandsgruppen bekannt werden. Schließlich kann die Gruppe in den Endtagen des Krieges sogar eine Brückensprengung verhindern, so dass für die nötigste Versorgung der Bevölkerung wenigstens ein Zugangsweg über die Lippe frei bleibt.

Nach dem Krieg sieht Hilde Hauck nun endlich ihre Chance gekommen, am Aufbau eines antifaschistischen Deutschlands mitzuwirken. Nachdem sie bereits 1946 zum Mitglied des Westfälischen Provinzialrats ernannt wird, tritt sie 1948 als gewählte KPD-Abgeordnete in die Kommunalvertretung der Stadt Lünen ein.

Die mittlerweile mit Heinrich Hauck, einem sozialdemokratischen Weggefährten aus dem Widerstand, verheiratete Kommunistin, kandidiert zwischen 1948 und 1956 für die KPD nun auch bei Landtags- und Bundestagswahlen, insbesondere im Sauerland und in Ostwestfalen. Daneben ist sie bis zum Verbot der KPD im Jahre 1956 weiterhin als Journalistin für kommunistische Presseorgane tätig, danach in der IG-Druck und Papier aktiv und leitet die Kreisgruppe Lünen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), in der sie sich vor allem für eine Anerkennung der Widerstandskämpfer als Opfer des Nationalsozialismus einsetzt. Hildegard Hauck stirbt 1988 in Lünen.
Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Hildegard Hauck (1925)

Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Hildegard Hauck (1947)
 









Lizzy Schmidt-Albrecht (1904-1961)
geb. Albrecht

 
 
 
Lizzy Albrecht wird 1904 in Altona geboren. 1926 geht die ausgebildete Buchhändlerin nach Dresden. Politisch ist sie damals bei den christlichen Gewerkschaften beheimatet. Durch ihre Arbeitslosigkeit radikalisiert sie sich rasch. 1930 tritt sie der SPD bei, ein Jahr später ist sie Mitbegründerin der Sozialistischen Arbeiterpartei. Sie schreibt flammende Artikel gegen die NSDAP. In Dresden entgeht die Aktivistin durch "gute Beziehungen" 1933 knapp einer Massenverhaftung und Deportation durch die Gestapo. Emigration und Flucht ins Ausland lehnt sie ab. Stattdessen flieht sie nach Hamburg zu ihrer Mutter, erfährt dort von der Deportation ihrer Genossen und taucht in die innere Emigration ab. Seit 1935 arbeitet sie vorwiegend journalistisch. Ihr fehlt der innere Austausch, sie weicht aus in einsame Wanderungen und wirkt am Kriegsende resigniert. 1951 heiratet sie Ludwig Schmidt und engagiert sich seit 1952 als Ratsfrau in Detmold kommunalpolitisch für die SPD. Sie stirbt 1961.
Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Lizzy Albrecht, 1945 (links)
 










Margarethe Zingler (1885-1973)
geb. Wiesner

 
 
 
Margarethe Wiesner, Tochter einer Beamtenfamilie aus Niederschlesien, gehört wie ihr Mann, der Journalist Alfred Zingler, zu den einflussreichsten Sozialdemokraten in Gelsenkirchen während der Weimarer Republik. Beide Eheleute engagieren sich in Organisationen der Arbeiterkultur und in der Arbeiterwohlfahrt, in der Margarethe Zingler von 1923 bis 1933 zum Vorstand gehört. Darüber hinaus leitet sie die SPD-Frauengruppen und wird 1928 zur Stadtverordneten gewählt.

Um der drohenden Verhaftung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 zu entkommen, sucht das Ehepaar Zuflucht bei Mitgliedern der "Sociaaldemocratischen Arbeiders Partij" (SDAP) in Hengelo, von wo aus sie den Widerstand gegen die Nationalsozialisten unterstützen.

Nachdem beide nach der Besetzung der Niederlande zunächst noch untertauchen können, werden sie am 02.07.1943 verhaftet und wegen Hochverrats angeklagt. Alfred Zingler wird daraufhin vom Volksgerichtshof wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und hingerichtet, Margarethe Zingler zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.

Nach ihrer Befreiung durch amerikanische Soldaten am 19.04.1945 übernimmt sie noch im selben Jahr den Vorsitz der Gelsenkirchener Arbeiterwohlfahrt, deren Geschäfte sie bis in die sechziger Jahre führt, wird bis 1948 erneut Stadtverordnete und gehört auch später noch zahlreichen Ausschüssen der Stadt an. Am 16.06.1973 stirbt Margarethe Zingler im Alter von 87 Jahren.
Vergrößerung der Abbildung   Vergrößerung der Abbildung   Weitere Informationen zur Abbildung
Margarethe und Alfred Zingler (um 1918)

 Urteil des Volksgerichtshofs gegen Margarethe Zingler