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Landwehr in Werne

 
 
 
Wohl keine Stadt des Fürstbistums ist in die Auseinandersetzungen zwischen den Bischöfen von Münster und den Grafen von der Mark im 14. Jh. so sehr einbezogen worden wie Werne, dessen bereits früh bezeugte Ansätze zur Stadt mit Stadtgericht, Rat (1265) sowie Bürgermeister (1330) erst nach erfolgreich beendeter Fehde 1400 von Bischof Otto mit der Erlaubnis zur Anlage der Mauer- und Graben-Befestigung abgeschlossen werden konnten. Die Gründe für die verzögerte Entwicklung liegen auf der Hand: Einem nur geringen Hofbesitz der Bischöfe mit dem Haupthof Werne und der Pfarrkirche St. Christophorus stand der Werdener Abdinghof bei Werne mit 44 Unterhöfen gegenüber. Unweit von ihm befand sich der Schultenhof Brewing, Besitzzentrum der Prämonstratenserabtei Cappenberg, der innerhalb der Werner Stadtfeldmark gleichfalls die Wassermühlen an Hornebach und Lippe gehörte. Mit der Vergabe des Kirchenpatronates an Cappenberg hatte sich Bischof Werner 1139 der Verfügungsgewalt über die bischöfliche Pfarrkirche entledigt und damit den Einfluss der Märker, die die Vogtei über Cappenberg besaßen, in Werne vergrößert. Nach der Verpfändung des bischöflichen Gerichtes und Besitzes im Kirchspiel Werne 1323 an Mark war es den Bischöfen nahezu unmöglich geworden, die Entwicklung zur Stadt bis 1361 zu beeinflussen.

Vom Landwehrbau in Werne hören wir zuerst 1380, als Bischof Potho die Anlage einer Landwehr befahl und der zuständige Gograf auch die Mithilfe der Abtei Cappenberg einforderte. Diese Maßnahme ist im Zusammenhang mit dem zu 1383 bezeugten Ausbau der Befestigungsanlagen sowie der zu 1385 überlieferten Privilegierung mit dem Weichbildrecht zu sehen und bekundet das anhaltende bischöfliche Interesse an der Stärkung der Siedlung. Als so genannte Fürstenlandwehr gilt ein westöstlich parallel zur Lippe verlaufender Landwehrzug, der in Karten des 18./19. Jhs. verzeichnet ist und sich bis auf die Höhe des Friedsteines an der Straße nach Olfen nachweisen lässt. Möglicherweise entstanden damals auch Teile der Landwehr zwischen Werne und dem Schultenhof Brewing (Beckingslandwehr).

Die Butenlandwehr der Stadt, die in einem Halbkreis um die westliche Stadtfeldmark geführt wurde, hat die Fürstenlandwehr an der Olfener Straße teilweise abgeschnitten und erweist sich damit als eine spätere Anlage mit Ausrichtung auf die seit 1400 umlaufend befestigte Stadt. Die bürgerliche Überlieferung sah in Bischof Otto nicht nur den Initiator für den Bau von Befestigung und Amtssitz, sondern auch für die Übertragung der Stadtfeldmark und Viehdrift an die Stadt, die eine Voraussetzung für den über die Friedsteine auf Markengrund ausgreifenden Landwehrbau war. In die westliche Butenlandwehr einbezogen waren die Ackerfluren der Siedlungen Werne und Mottenheim, deren Höfe seit dem späten Mittelalter von der Stadt aus bewirtschaftet wurden. J. Lappes Rekonstruktion der Landwehr zeigt, dass im Osten eine Erweiterung vorausgesetzt werden muss, die den Cappenberger Schultenhof Brewing vor 1478 einbezogen hat. Die die Merschwiesen schützende Landwehr südlich der Stadt entstand dagegen erst in der unruhigen Zeit um 1623 und führte zum Siechenhaus, dessen Personal den Schließdienst des dortigen Schlagbaums an der Straße nach Lünen übernahm. Ein ständiger Baumhüter ist Mitte des 16. Jhs. in der Hohenheide bezeugt und zog an der Straße nach Münster Wegezoll ein. Ein an der Straße nach Hamm bezeugter Weghusbaum lässt hier eine ähnliche Zollstation vermuten.
 
 
Die überlieferten Bürgerwillküren von 1550, eine Landwehrordnung von 1500 sowie Ratsprotokolle geben wichtige Aufschlüsse über Organisationsfragen. Demnach hatte jeder Einwohner der Stadt, eingeteilt nach den Stadtvierteln und unter der Oberaufsicht des städtischen Landfesters ein einzelnes Landwehrstück zu pflegen und durfte sein Holz als Gegenleistung auch nutzen. Seit dem ausgehenden 16. Jh. ist die Umwandlung der Landwehren in Gartenstücke, die die Bürger zu Erbpacht besaßen, bezeugt, doch bestand die Verpflichtung, die Landwehren bei Bedrohung auf Befehl des Bischofs wieder herzustellen. In solchen Zeiten wurde ein Türmer angestellt, der das Stadtfeld zu überwachen hatte. Bei Gefahr gab er den Bürgern Zeichen, etwa durch Hornsignale: "wan aber jemandt zu velde gesehen, so mannigh pfert, so mannigh zu blasen, wan haufen, haufen blasen“ (1591).

Neben den Berechtigungen der Stadt, das Stadtfeld wirtschaftlich zu nutzen und mit städtischen Bediensteten zu überwachen, kann doch nicht übersehen werden, dass die Drosten des Amtes, die Adeligen von Westerwinkel und die Abtei Cappenberg mit ihren in der Bauerschaft Evenkamp gelegenen Höfen ein Mitspracherecht in der innerhalb und außerhalb der Landwehren gelegenen Mark besessen haben und die Verfügungsgewalt der Stadt besonders östlich des Hornebachs eingeschränkt war. J. Lappe führt weiterhin Belege an, dass dem Amtmann der militärische Oberbefehl über Bürger wie Kirchspieleingesessene im Kriegsfall zukam und auch die Gerichtsbarkeit innerhalb des größten Teils der Feldmark an das Amt und sein Gogericht gebunden war.
 
 
Literatur
Ilisch, P.
Bischöflich-münsterische Tafelgüter im südlichen Kreis Coesfeld. Geschichtsblätter des Kreises Coesfeld 13, 1988, S. 7-15.

Lappe, J.
Die Entstehung und Feldmarkverfassung der Stadt Werne. Westfälische Zeitschrift 76, 1918, S. 56-211.

Ders.
Stadtgründung und Stadtverfassung im Gebiete der Einzelhöfe. Westfälische Zeitschrift 89, 1932, S. 1-148.

Pohlschmidt, H.
Die Wehrverfassung der Stadt Werne. Dissertation Werne (1923).


Abdruck aus: Cornelia Kneppe, Die Stadtlandwehren des östlichen Münsterlandes, Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen XIV, Münster 2004, S. 142f.