Orte > Landwehr in Münster


 

Landwehr in Münster

 
 
 
1173 wurde die Vogtei der Grafen von Tecklenburg, die diese über den Bischofssitz und die bei ihm entstandene bürgerliche Marktsiedlung Münster besaßen, von den Bischöfen abgelöst und durch das Stadtgericht ersetzt, dessen Richter im 14. Jh. ausnahmslos der Bürgerschaft entstammten. Sein Bereich beschränkte sich auf das Areal innerhalb der Befestigungsanlagen, über die den Bürgern seit 1278 die ausschließliche Kontrolle zustand. Außerhalb der Mauern konkurrierte die Stadt mit den Besitz- und Gerichtsrechten des Domkapitels, seit 1324 Eigentümer des Gogerichtes Bakenfeld.

Eine städtische Nutzung der Feldmark lässt sich für das Jahr 1360 feststellen, als die Stadt festsetzte, dass keiner sein Vieh in Eigenregie weiden lassen solle, sondern nur mit den städtischen Herden. War die Einflussnahme der Stadt im Umland auf die wirtschaftliche Nutzung beschränkt, besaßen doch einzelne Bürger großen außerstädtischen (Lehens)Besitz, wie die zahlreichen festen Häuser der Erbmänner im ausgehenden Mittelalter belegen.

Als münsterische Landwehr verzeichnet der Lennepsche Kupferstich von 1661 ein Landwehrstück östlich der Aa im Kirchspiel St. Mauritz, das im Urkataster als städtischer Besitz angegeben ist. Am Schnittpunkt der Landwehr mit dem Verkehrsweg nach Osnabrück und Tecklenburg befand sich das Gehöft des Stadtbäumers, der ständig den hier gelegenen Schlagbaum kontrollierte und städtischer Bediensteter war. Ob die Landwehr ursprünglich zum Stadtbesitz gehört hat, darf dagegen angezweifelt werden, da 1622 angegeben ist: "(Johan Staddebömer) hette in seiner Jugend gehoret, daß in alten Jahren die Landwehr den maurmannischen (St. Mauritz) Hausleuten solle zustendich gewesen sein, weilen aber die Bauren daß Holtz versoffen, und die Landwehr unauffgraben liggen laßen, hette die Weggemeister (der Stadt) sich daran angemaßet“ (Staatsarchiv Münster Msc. II 14). Ihre mögliche Fortsetzung jenseits der Aa unweit nördlich des 1333 erstmals erwähnten Leprosenhauses Kinderhaus ist von J. B. Nordhoff und F. Westhoff ansatzweise verzeichnet, aber von M. Geisberg in Frage gestellt worden.

Westlich des Stadtbäumerhofes zweigte von der genannten westöstlich verlaufenden münsterischen Landwehr ein Landwehrzug nach Norden ab und endete etwa auf der Höhe des Sandruper Baumes an der Aa (im UK der Fl. Mauritz nicht erfasst, auf dem Lennep-Stich ein alter und neuer Landwehrzug erkennbar). Westlich der Aa setzte sich die Landwehr quer durch die Sandruper Bauerschaft fort und endete an der Nienberger Landwehr. Wichtigster Durchgang war der von einem städtischen Baumhüter kontrollierte Sandruper Baum, der die Straße ins Niederstift sperrte. Bislang nicht zu klären ist, ob im Zuge einer späteren großräumigen Sicherung des Fürstbistums von Altenberge bis Telgte die ursprüngliche Landwehranlage bis zum Sandruper Baum erweitert worden ist.

Im Süden der Stadt Münster befinden sich kleinere Landwehrabschnitte im Bereich der Loddenheide, der Galgheide und auf der Geist, doch dürfen diese Teilabschnitte nicht als umlaufende Landwehr angesehen werden, sondern als Straßensperren, die wohl erst späterer Zeit entstammen (J. Prinz). Offenbar auf bestimmte Siedlungsbereiche bezogene Schutzfunktion besaßen kleinere Landwehrstücke (Hs. Küchen, Wilkinghege, Nevinghoff).

Bei Betrachtung der Verhältnisse wird deutlich, dass nicht die Stadt, sondern das Domkapitel als Besitzer des Gogerichtes Bakenfeld für das Landwehrwesen zuständig gewesen ist. Ausführende waren die Bauerschaften der Kirchspiele Überwasser und Lamberti, die 1321 am Landwehrbau zwischen Albachten und Roxel beteiligt waren. Das Vorhandensein der Hiltruper und/oder Amelsbürener Landwehr erschließt sich 1330 bei einer Schenkung im Kirchspiel Amelsbüren "ultra fossam dictam «lantwere»“. Für die Kirchspielgrenze zwischen Überwasser und Roxel könnte die Aa als ausreichender Schutz gedient haben, nördlich davon begann die Landwehr zwischen Überwasser und Nienberge, die nach einer nicht mehr auffindbaren Urkunde ebenfalls 1326 im Bau war und für die bis zum Haus Spital die Bauerschaft Gievenbeck zuständig war. Im Osten bildete die Werse ein ausreichendes Annäherungshindernis. Im Anschluss daran wurde vom Kirchspiel St. Mauritz die Sicherung der Nordseite, die auch städtisches Anliegen war, durch den Bau der münsterischen Landwehr bewerkstelligt. Die Ersterwähnung des städtischen Leprosenhauses 1333 und seine für Leprosorien charakteristische Lage am Rand der städtischen Gemarkung spricht für einen zeitlichen Zusammenhang des Landwehrbaus aller münsterischen Kirchspiele und ihrer Nachbarn. Damit erschließt sich der frühe Landwehrbau der Kirchspiele als Landwehrbau zum Schutz der Stadt Münster.
Cornelia Kneppe

Landwehren im Fürstbistum Münster



 
Rekonstruktion der Kirchspiellandwehren von Überwasser, Lamberti und St. Mauritz auf der Grundlage der topographischen Karte 1:80 000 der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz von 1837-1855 (Generalstabskarte)
 
 
Obgleich das Gogericht Bakenfeld 1321 noch im Besitz Hermanns von Münster war, haben die Landfriedensinteressen Bischof Ludwigs, die bereits am Gogericht bestehenden Rechte des Domkapitels sowie die vorauszusetzenden Interessen der Stadt Münster den frühen Landwehrbau um Münster in Gang gesetzt.
 
 
Literatur
Kraft, B. / Rieger, W.
Münster und seine Landschaft 793-1993. Düsseldorf (1993).

Prinz, J.
Mimigernaford – Münster. Die Entstehungsgeschichte einer Stadt. Veröffentlichungen der Historischen Kommission Westfalens XXII. (= Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landesforschung 4). Münster (1960).

Westhoff, F.
Führer durch die nähere Umgebung Münsters. Münster (1907) (Übersichtskarte im Anhang).


Abdruck aus: Cornelia Kneppe, Die Stadtlandwehren des östlichen Münsterlandes, Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen XIV, Münster 2004, S. 136f.