QUELLE

DATUM1559-06-24   Suche   Suche DWUD
AUSSTELLUNGSORTBrühl
TITEL/REGESTJohann Gebhard, Erzbischof von Köln und Kurfürst, erläßt eine Bergordnung für seine Territorien
TEXTDa durch verlauff der zeit die Bergordnungen seiner Vorgänger in unordnung geraten sind, hat Johann Gebhard nach Überarbeitung der älteren Bergordnung ein richtige, bestendige und nötige bergordnung erstellen und drucken lassen. Allen Beamten, vor allem den Bergbeamten, wird ihre Einhaltung auferlegt.


[Allgemeines. Bergbeamte]

§ 1 Während der beschwerlichen kriegs und kriegs und sunst geschwinden zeiten und leufften, auch ihnen ihre teil eingezogen worden vor einigen Jahren [1] sind viele Gewerken abgezogen (abschewig und auflessig geworden). In Krieg und Frieden soll keinem Gewerke ein Bergwerk entzogen werden. Bergschulden, Zubuße und Hüttenkost, müssen allerdings beglichen werden. Konfiskationen durch den Landesherrn unterbleiben künftig.

§ 2 Wer einen neuen ungezimmerten (unverschrotenen) Gang erschürft, der Silber enthält, oder einen neuen Stollen anlegt, bekommt eine Prämie, der aus dem Zehnten des Ortes finanziert wird.

§ 3 Es werden ein Oberhauptmann, ein Oberbergmeister und ein Bergvogt an Stelle des Landesherrn eingesetzt sowie in jeder Bergstadt je nach Größe der Bergwerke, ein Bergmeister, Geschworene, Zehntner, Austeiler, Gegenschreiber, Hüttenreiter, Probierer, Silberbrenner und Markscheider. Schichtmeister und Steiger dürfen ohne Erlaubnis der Bergbeamten nicht von den Bergwerken abreisen.

§ 4 [Weitere Aufgaben des Oberhauptmanns, Oberbergmeisters und Bergvogts (höhere Bergbeamte)]

§ 5 Die höheren Bergbeamten dürfen keine eigenen Bergteile besitzen.

§ 6 [Aufgabe des Bergmeisters ist es, vor allem Bergwerke zu verleihen und Mutzettel auszustellen]

§ 7 Der Bergmeister übt Gerichtsfunktion aus.

§ 8 Der Zehntner fordert im Beisein des Schichtmeisters den Zehnten ein. Er legt darüber Rechnung ab.

§ 9 Der Austeiler gibt jedem Gewerken das, was ihm laut Rechnung zusteht. Er empfängt Geld vom Zehntner.

§ 10 [Aufgaben der Gegenschreiber. Sie dürfen keine Kuxen erwerben.]

§ 11 Die Bergschreiber sollen auf allen leihetagen neben den Bergmeistern und Geschworenen anwesend sein, alle alten und neuen Zechen nach Vorlage der Mutzettel, Fristen, Steuern [Kosten für den Bau von Erbstollen], Verträge und Retardate [nicht gezahlte Zubuße] in jeweils eigene Bücher schreiben. Alle Bücher werden in einer Lade verschlossen. Zubußbriefe werden vom Bergschreiber oder vom Schreiber des Bergmeisters geschrieben. Jeder Bergschreiber soll das Quatembergeld (einen halben Groschen pro Woche von bauenden Zechen und drei Pfennig von fristenden Zechen) einnehmen.

§ 12 Die Hüttenreiter (- reutter) besuchen täglich die Hütten, kontrollieren das Schmelzen, Pochen und Scheiden des Erzes. Sie sollen halbjährlich an den Örtern, aus denen man das Erz von den Gebirgen holt, die Gefäße und Behältnisse (holen, truhen und karn) eichen, damit sie nicht zu klein und die Gewerken nicht mit Fuhr- oder Pachtlohn übervorteilt werden.

§ 13 Die Probierer (das Warandin- Amt) wird vom Oberhauptmann eingesetzt, um neues Erz zu probieren.

§ 14 Die Silberbrenner sollen mit Fleiß brennen, beim Zerschlagen des Blicks das Silber zusammenhalte und abspringende Stücke und Schrötlein mitbrennen. Sie sollen ohne Ursache nicht nachts, sondern am Tag arbeiten.

§ 15 Die Markscheider werden vom Oberhauptmann eingesetzt. Sie sollen gegen Gebühr den Vorsteher der Zechen und Stollen schriftliche Verzeichnisse übergeben, wie tief man zu sincken und in wasser teuffe man ansitzen und außlengen sol.

§ 16 Die Besoldung der Bergbeamten bleibt in der gewohnten Ordnung.


[Der Betrieb des Bergwerks unter Aufsicht der höheren Bergbeamten]

§ 17 Nach der Mutung soll jeder Aufnehmer binnen 14 Tagen seinen Gang entblößen und ihn durch den Bergmeister besichtigen lassen. Befindet dieser, daß wegen ungewitter, frost, wassers oder andern beweglichen ursachen der Gang nicht entblößt werden konnte, soll er gefristet werden.

§ 18 Weil auf den Silberbergwerken zwitter, [2] Kies und Eisenflöz (eisenfletz) abgebaut werden, der Bergmeister aber nur auf klufften und genge verleihen soll, soll keiner mit zien [Zinn] , Kies oder Eisenflöz auf den silber gegen einige vierung noch gerechtigkeit haben.

§ 19 [Mutung alter Zechen]

§ 20 An jedem Mittwoch, dem Leihetag, sollen Bergmeister und Geschworene mindestens von zwölf bis ein Uhr zur Verfügung stehen.

§ 21 Sind die höheren Bergbeamten nicht verhindert, sollen sie am Leihetag anwesend sein.

§ 22 Wer alte Zechen aufnehmen will, soll dies vier Wochen anschlagen. Liegt eine Zeche Jahr und Tag im Freien, soll der Aufnehmer die alten Gewerken nicht zuzulassen schuldig sein.

§ 23 [Aufnahme alter Zechen]

§ 24 Eine Zeche, die vier Quartale kein Rezeß gezahlt hat, fällt ins Freie.

§ 25 Dem Bergmeister soll gestattet sein, Zechen zu vermieten, damit sie nicht verstürzen.

§ 26 [Überfahren der Klüfte und Gänge]

§ 27 Der Bergmeister soll das Bergbuch jedermann offenlegen.

§ 28 Der Bergmeister und die Geschworenen sollen Aufsicht darüber führen, daß in den Zechen keine unnützen Bauten entstehen.

§ 29 Bei der Aufnahme des Betriebs (so eine zeche ihren schacht belegt, keubel und seil einwirfft) soll der Bergmeister auf Begehren der Gewerken das Bergwerk durch Vermessung überschlagen.

§ 30 Findet man in einer Zeche oder in einem Stollen Erz, soll man den Oberhauptmann verständigen. Ohne Besichtigung soll kein Erz gebrochen werden. Die Steiger sollen das Erz möglichst in der Frühschicht nachschlagen und ausführen lassen.

§ 31 Fündige Zechen sollen gutes Erz verschlossen halten.

§ 32 Der Bergmeister soll nicht ohne Grund Fristung erlauben.

§ 33 In einer Zeche sollen keine tiefen Stollen, Strecken oder andere Örter ohne Genehmigung des Bergmeisters vorbauen und vorstürzen.

§ 34 Die Geschworenen sollen dem Bergmeister gehorsam sein. Der Bergmeister soll ihnen halbjährlich Bergwerke zuweisen, damit sie alle Gebirge kennen lernen.

§ 35 Die Geschworenen sollen alle 14 Tage eine Zeche befahren und besichtigten. Die Geschworenen sollen den Anschnitt durch die Schichtmeister beaufsichtigen.

§ 36 Ohne Genehmigung des Bergmeisters soll in fündigen Zechen nicht mit Gedinge gearbeitet werden. Die Gedinge werden durch die Geschworenen beaufsichtigt. In unfündigen Zechen kann mit Gedinge gearbeitet werden. Welcher Hauer (heuer) Gedinge annimmt, soll nicht mehr als den gesetzten Lohn erwarten, ausgenommen nach Entscheidung der Geschworenen. Welcher Hauer vom Geding oder sonst angenommener Arbeit entweicht, und nicht, wie sich gebührt, abkehrt, darf auf keiner Zeche Arbeit finden.

§ 37 Niemand soll ohne Erlaubnis des Bergmeisters einem anderen in die Zeche fahren.

§ 38 Werden alte oder neue Zechen verliehen oder bestätigt, soll der Aufnehmer dem Bergmeister seine Gewerken benennen und sie ins Gegenbuch eintragen lassen.

§ 39 Ein, zwei, drei oder vier Gewerken können mit Genehmigung des Oberhauptmanns eine und mehr Zechen bauen und ihren Zechen selbst vorstehen.

§ 40 Der Aufnehmer soll den Bergmeister bis zur nächsten Rechnung Zubuße anlegen lassen.

§ 41 Wie § 38. Der Gegenschreiber soll Retardata aufnehmen.

§ 42 Wird ein Teil verkauft, soll der Verkäufer dem Käufer im Gegenbuch binnen vier Wochen die gewehr [...] thun.

§ 43 Kann bei diesem Eintrag der Käufer oder Verkäufer nicht anwesend sein, muß er es dem Oberhauptmann mitteilen.

§ 44 Scheinübertragungen von Zechen oder Teilen sind nicht statthaft.


[Schichtmeister und Steiger]

§ 45 Oberhauptmann oder Bergmeister sollen Schichtmeister und Steiger einstellen (annemen).

§ 46 Ein Schichtmeister soll nicht mehr als sechs Zechen beaufsichtigen, darunter sollen nicht mehr als zwei fündige sein.

§ 47 Oberhauptmann und Bergmeister können untaugliche Schichtmeister und Steiger absetzen. Sie sollen aber nicht aus Neid der Gewerken abgesetzt werden.

§ 48 Die Schichtmeister sollen Geld, Gebäude und Zubehör für die Gewerken (unsßlet, eysen, seyl, troege, kübel, holtz, bret, nagel und alles andere) treulich verwalten und selber daran keinen Nutzen haben.

§ 49 Schichtmeister und Steiger sollen nicht Brüder oder Vettern sein und sich nicht zum Nachteil der Gewerken verbinden. Jeder Schichtmeister soll wenigstens alle acht Tage die Steiger und auch die Hauer beaufsichtigen. Der Steiger soll die arbeiter nicht drängen, kost oder zechen bei ihm einzunehmen und soll deswegen keinen Arbeiter an- oder ablegen.

§ 50 Die Schichtmeister soll auf den Lohntagen anwesend sein und im Beisein der Steiger alle Arbeiter und Handwerker in guten Münzen bezahlen.

§ 51 Die Schichtmeister sollen alle Namen und Zunamen der Arbeiter, ihre Arbeit und ihren Lohn aufzeichnen (anzeichen) und darüber Rechnung legen. Sie sollen ohne Willen des Bergmeisters kein liebnüs [zusätzlicher Lohn?] geben.

§ 52 Der Schichtmeister soll dem Steiger Unschlitt und Eisen nach Gewicht reichen und berechnen.

§ 53 Geld, Unschlitt oder Eisen soll nicht von einer Zeche zur anderen verliehen werden.

§ 54 Die Rechnungslegung der Schichtmeister oder Zechenvorsteher findet vierteljährlich am Samstag vor Quatember (weichfasten) statt. Alle Posten müssen einzeln aufgeführt werden. Im Geding müssen arbeiter, knecht und knaben benannt werden. Für stolnsteur, schachtsteur, wassergelt, berckförderung, vierden pfennig und anderen Abgaben der Zeche müssen Quittungen beigebracht werden.

§ 55 Jeder Schichtmeister oder Zechenvorsteher soll mit dem Zehntner abrechnen.

§ 56 Wenn die Schichtmeister am Samstag vor Quatember ihre Rechnung mit der Gewerkschaft gemacht haben, sollen sie sie am Montag nach Quatember den Bergbeamten vorlegen.

§ 57 Die Schichtmeister sollen den Gewerken kein Schreibgeld berechnen, sondern solches von ihrem Lohn vorlegen.


[Rechnungslegung, Finanzierung, Arbeit, Handel]

§ 58 Die Rechnungen werden vierteljährlich vom Oberhauptmann oder seinen Vertretern abgenommen. Untreue wird bestraft.

§ 59 Der Oberhauptmann kann jemanden beauftragen, Rechnungen und Register außerhalb der Quartalstermine mit gueter muessen zu prüfen.

§ 60 Die Rechnungen sollen summarisch in einen Rezeß durch einen Rezeßschreiber übertragen und abgeschrieben (gezwifacht) werden. Eine Rechnung wird in der landesherrlichen Kanzlei, die andere durch drei Bergbeamte aufbewahrt.

§ 61 Fallen Zechen zwischen zwei Quartalsterminen ins Freie, wird der vorgesehene Termin eingehalten.

§ 62 Reicht der Geldvorrat nicht, um die Zeche weiterzubauen, kann der Schichtmeister mit Zustimmung desjenigen, der die Rechnung abhört, Zubuße anlegen lassen und durch den Bergmeister für vier Wochen einen Zubußbrief anschlagen lassen.

§ 63 Nach Ablauf der vier Wochen sollen alle Gewerken ihre Zubuße zahlen. Haben ein oder mehr Gewerke einen Verleger (vorleger), sollen diese Zubuße zahlen. Schlägt ein Einheimischer an, sollen die Schichtmeister bei ihnen Zubuße anmahnen. Für Benachteiligung von Fremden trägt der Schichtmeister die Verantwortung.

§ 64 Verzögern die Verleger die Zubuße und entlohnen ihre Arbeiter nicht, sondern lassen diesen durch die Schichtmeistern Tuch, Unschlitt, Eisen und anderen Waren anhängen, soll diesem nachgeforscht und durch die Bergbeamten bestraft werden.

§ 65 Gibt jemand nach vier Wochen die Zubuße nicht, verliert er seinen Teil.

§ 66 In der fünften Wochen werden diejenigen, die keine Zubuße zahlen, als Retardata den Bergbeamten benannt und aus dem Schichtmeister-Register und dem Gegenbuch in das Retardatbuch geschrieben.

§ 67 Nimmt ein Schichtmeister Zubuße an und läßt den Gewerke dennoch im Retardat stehen, wird dies als Betrug bestraft.

§ 68 [Erhaltung der Teile von Zechen, die zwischen den Quartalen liegen bleiben]

§ 69 Verwahrt ein Schichtmeister Silber als Zehnten, soll er davon nur nach Bedarf der Zechen nehmen.

§ 70 Ein Schichtmeister kann zwischen zwei Quartalen so viel Geld aufnehmen, daß eine Zeche bis zum nächsten Quartal betrieben werden kann.

§ 71 Schichtmeister müssen Schulden gegenüber den Gewerken schnellstmöglich bezahlen. Hierauf sollen die Bergbeamten streng achten und Verstöße bestrafen.

§ 72 Ohne Genehmigung des Bergmeisters soll kein Steiger mehr als eine Zeche unter sich haben.

§ 73 Ein Steiger soll auf jeder Schicht die Zeche, die Hauer und Arbeiter beaufsichtigen. Steiger, die nicht Erz pochen, sollen nachmittags in der Grube und nicht auf der Halde gefunden werden.

§ 74 Die erste Schicht fährt früh um vier Uhr ein, die zweite um 12 Uhr, die dritten um 8 Uhr abends. Jeder soll acht Stunden in der Schicht bleiben und nicht eher vom Ort fahren, bevor der Steiger ausklopft. Steiger und Schichtmeister sollen keine Mietjungen und Knechte, die das Bier zutragen, halten oder einer dem anderen zu Gefallen Verwandte einstellen. Einheimische sollen vor fremden Bergleuten Arbeit erhalten. Keinem Arbeiter sollen zwei Schichten zugestanden werden. Der gute Montag und die Bierschichten werden bei harter Strafe für Zuwiderhandeln abgeschafft.

§ 75 Auf Zechen, auf denen nicht in drei Schichten gearbeitet wird, ist Nachtschicht nicht gestattet.

§ 76 Wegen der Erbkuxe (erbkuckus) hat es lange Zeit großen Streit gegeben. Deshalb gilt folgendes: Jeder Lehnträger bietet dort, wo er ein Bergwerk aufnimmt, dem Grundherrn binnen 14 Tagen vor dem Bergmeister den Erbteil an. Der Grundherr hat die Wahl, vier Erbkuxe oder einen Stamm zu behalten oder einen Kux anzunehmen oder ihn auszuschlagen. Die Gewerken können diesen wie die Kirchen- oder Stadtkuxe frei verbauen. Kann das Bergwerk nicht wie geplant betrieben werden und stürzt es ein, soll der Bergmeister den Erbkux nach Höhe des Schadens teilen. Der Erbkux soll bei dem Gut bleiben, auf dem die Maße liegen, also dem Adligen, Bürger oder Bauern [als Grundbesitzer] und nicht dem Grundherrn zustehen. Der Erbkux kann nicht verkauft werden.

§ 77 Die Zechenvorsteher sollen Halden, Felsen und Wäschen für die Gewerken betreiben. Können sie die Kosten nicht beibringen, müssen sie das anzeigen. Verkäufe müssen öffentlich ausgerufen werden. Kein Schichtmeister oder Steiger soll Erz, Schlacke, Ofenbrüche, Gekrätze, Felsen, after oder anderes aus der von ihnen verwalteten Zeche kaufen.

§ 78 Außer den zugelassenen Kuxhändlern (kuckus krentzler, kucks partirer) darf niemand mit Kuxen handeln.

§ 79 Goldschmiede in den Bergstädten sollen nicht heimlich Erz und Silber kaufen.

§ 80 Es ist zu erfahren, daß solch ertz und silber den juden, die ihren unterschleiff und practicen in unsere lande machen, sol underschoben und von ihnen auffgekaufft und fürder aus unsere landen verschleifft werden. Wirte [in Bergstädten], die Juden beherbergen, sollen diese warnen.

§ 81 Die Waagenmeister (wagemeister) sollen wöchentlich das eysen auffziehen, damit niemand benachteiligt wird. Auch soll, wer mit Unschlitt handelt, das rechte Gewicht gebrauchen.


[Von Stollen und deren Gerechtigkeit]

§ 82 Wegen der Stollen hat es viel Streit gegeben. Um ihm künftig zuvorzukommen, wird angeordnet, daß alle Erb- und andere Stollen ihre Gerechtigkeit behalten und nach gemeinem Bergrecht und alte herkomende ubung gebaut werden soll.
Ein Erbstollen in fremden Massen soll zehn Lachter und eine Spanne vom Rasen seiger gerade mit seiner wasserseigen einkommen. Findet man Erz, können die Eigner des Erbstollens (stölner) fünf Viertel eines Lachters von der Wasserseige über sich bis an den First und einen halben Lachter in der Breite vierthalb Freibergische [3] elen vor eine lachter gerechnet das Erz hauen und zu sich nehmen. Wird ein Stollen in einer Zeche getrieben und trifft Erz, ohne die Teufe zu haben, die ein Erbstollen haben soll, soll das Erz der Zeche und nicht den Stöllnern zustehen. Jeder Stollen mit seiner Wasserseige soll nach alten Herkommen betrieben werden, Sprengungen sind nicht gestattet, nur Kämme können nach Besichtigung des Bergmeisters gesprengt werden. Zechen können wassers oder wetters halben Stollen durch Sprengungen anlegen mit Erlaubnis des Bergmeisters und geben für den Stollen den Neunten (das neunde).
Kommt ein Erbstollen in eine Zeche, deren Wasser er ableitet und der er Wetter bringt, erreicht aber mit der Wasserseige nicht das Erz, erhält er vom Neunten die Hälfte. Während er in Massen ist, soll man ihm den vierten Pfennig [ein Viertel der Steuer] unter gewöhnlichen Abzügen geben. Werden außerhalb des Stollens mit Strecken Klüfte und Gänge erreicht, die Wasser auf den Stollen halten und bewettert werden, soll dafür der halbe Neunte gegeben werden. [Weitere Fälle bei unvollständiger Entwässerung werden genannt].
Alle fündigen Zechen, die den Erbstollen gebrauchen, zahlen s teuer nach Erkenntnis der Bergmeisters und der Geschworenen. Kommt ein Erbstollen unter eine Zeche und fällt durch eine offene Kluft das Wasser auf den Stollen, erhält er das Neunte. Gebrauchen Zechen die Wasserseige und leiten sie durch lotten oder andere wege das Wasser dorthin und sind doch in der massen, müssen sie den Neunten zahlen. Ist Silber im Bergwerk, soll dadurch den Stöllnern nicht der Neunte entzogen werden.

§ 83 Die Anlage von Raubstollen sollen durch die Bergmeister verhindert werden.

§ 84 Kein Stollen kann den anderen enterben, es sei denn, er kommt in sticklichten gebirgen einen Stollen sieben Lachter unter den andern. In flachen Gebirgen kann er 3 1/2 Lachter liefen liegen.

§ 85 Schlägt ein Stollen in einen Schacht, soll er seine Gerinne im Hangenden oder Liegenden an der nächsten Stelle über den Schacht legen, um die Förderung nicht zu hindern.

§ 86 [Regelung des Falls, daß ein Erbstollen einen Gang überfährt]

§ 87 Von Gewerken aufgelassene und vorstuffte Stollörter können vom Bergmeister neu verliehen werden. Wenn vorstuffte Stollen den Neunten beanspruchen wollen, müssen Stollen mit offenem Mundloch mit Vorrecess gehalten werden.

§ 88 Bleibt auf einem alten Zug der Stollen liegen und nimmt jemand dort Fundgruben und Masse auf, hat der Lehnträger vor anderen das Recht, den Stollen selbst zu betreiben.


[Betrieb der Hütten]

§ 89 Die Hüttenreiter sollen Streitigkeiten und Gewalttaten auf den Hütten schlichten und kleine Vergehen bestrafem. Größere Vergehen richten die höheren Bergbeamten.

§ 90 Es soll nur in den Hütten und nicht woanders Erz geschmolzen werden.

§ 91 In jeder Hütte soll ein eigener Hüttenschreiber tätig sein.

§ 92 Hüttenreiter und -schreiber sollen für gute Schmelzer sorgen. Die Hüttenschreiber sollen dafür sorgen, daß die Hütte mit Holzkohle (kolen), Blei, Schlacke, Schlackenstein und anderen Zusätzen versorgt ist. Die Arbeiten in den Hütten beginnt morgens um 5 Uhr; Schichten werden nach Erfordernis gehalten. Beim Schmelzen soll mit geringen Erzen nichts übereilt werden. Jeder Hüttenschreiber soll bei Beginn einer Schicht auf der Hütte und nach der Schicht das Werk prüfen und mit den Schichtmeistern verzeichnen.

§ 93 Die Hüttenschreiber sollen mit ihrem gesetzten Lohn auskommen.

§ 94 Die Schichtmeister sollen beim Beginn des Schmelzens in der Hütte anwesend sein.

§ 95 Sie sollen beim Auslassen anwesend sein und das Werk prüfen.

§ 96 Beim Abtreiben ist die Anwesenheit des Schichtmeisters erforderlich, der aufschreiben soll, was der Blick enthält, und Blick und Verzeichnis dem Zehnter übergeben muss.

§ 97 Ein Schmelzer soll nicht während des Schmelzens abgeworben werden.

§ 98 Schlacken stehen den Gewerken zu. Gebrauchen sie sie nicht, fallen sie ins Freie.

§ 99 Das Abtreiben ist nur geschworenen Abtreibern erlaubt. Diese sollen mit ihrem Lohn zufrieden sein und nicht mehr als zwei Groschen Trinkgeld von den Gewerken fordern. Blicke werden nach Befund des Bergmeisters nach Größe entlohnt.

§ 100 Hat jemand eigene Hütten, muß der Hüttenreiter Hüttenschreiber, -meister und Schmelzer vereidigen, um Verdächtigungen auszuschließen.

§ 101 Halten Hüttenschreiber, -meister und Schmelzer eigene Lehen oder hat einer von ihnen mehr als acht Kuxe in einer Zechen, soll unser Hüttenreiter ihnen nicht erlauben, in ihrer Hütte zu schmelzen, sondern sie zu einer anderen Hütte verweisen. So soll es auch mit Schichtmeister und Steigern gehalten werden, die eigene Lehen haben.

§ 102 Niemandem soll gestattet werden, weschwergen, affter oder anderes zu schmelzen, ohne vom Bergmeister durch Zettel davon Erlaubnis zu erhalten. Der Hüttenmeister soll keinem Schichtmeister die Hüttenkost borgen. Kein Hüttenschreiber soll Biergeld in die Hüttenkost aufnehmen, sondern der Schichtmeister soll sie in der Bergkost in den Anschnitt bringen.


[Prozesse]

§ 103 Um unnötige Prozesse zu vermeiden, durch die viele Tagesleistungen verloren gehen, soll bei Gezänk in Bergsachen, der Bergmeister am jeweiligen Ort entscheiden. Kann dort der Streit nicht geschlichtet werden, entscheidet der Oberhauptmann. Die Parteien sollen bei Schiedsverhandlungen keine Prokuratoren gebrauchen.

§ 104 Geistliche und andere Dignitäten sind beim Berggericht ausgeschlossen.

§ 105 Untersteht sich jemand des kommers [Kummer zu machen] , sollen darüber Bergmeister, Geschworene und evtl. die Markscheider darüber befinden. Erz, das gekümmert oder verboten wird, fällt dem Zehntner zu.

§ 106 [Verfahrensvorschriften für den Bergprozeß]

§ 107 [Vorschriften für Prokuratoren]

§ 108 [Vorschriften für die Beweisaufnahme]

§ 109 Appellation ist nur zum Landesherrn zugelassen.

§ 110 Totschlägern ist auf ewig Stadt und Bergwerk verboten.

Die Bergordnung einzuhalten wird den Bergbeamten, Bürgermeister, Richtern und Räten sowie allen, die auf den Bergwerken arbeiten, auferlegt.

Gegeben zu Brühl den 24. Juni 1559.


QUELLE    Reininghaus, Wilfried / Köhne, Reinhard | Berg-, Hütten- und Hammerwerke im Herzogtum Westfalen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit | S. 464-470


FORMALBESCHREIBUNG[uFN1] Wohl der Schmalkaldische Krieg 1546/1547. Er wirkte sich u. a. auf den westfälisch-hessischen Grenzbereich, in dem zahlreiche Gruben lagen, aus. [uFN2] Abschreibfehler statt Zinn? [uFN3] Freiberg (Sachsen). Zeitgenössischer Druck: Jaspar Gennep, Köln Wiederabdrucke: Sammlung deren die Verfassung des Hohen Erzstiffts Coelln betreffenden Stucken, mit denen benachbahrten Hohen Landes-Herrschaften geschlossenen Concordaten und Verträgen, dan in Regal- und Camerial-Sachen, in Justitz, Polizei- und Militair-Wesen vor und nach ergangener Verordnungen und Edicten, Köln 1772, Bd. 1, S. 263ff.; Wagner 1791, S. 807ff.; Scotti 1830/1831, S. 77-126.


PROJEKT    Montanwesen im Herzogtum Westfalen
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
90   Gesetz, Verordnung, (Staats-)Vertrag
Zeit3.2   1550-1599
Ort2.45   Westfalen, Hztm. < - 1802>
Sachgebiet10.14   Montanindustrie
DATUM AUFNAHME2008-02-08
AUFRUFE GESAMT2525
AUFRUFE IM MONAT200