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(66 KB)   Sächsische Siedlung bei Warendorf (Modell) / Münster,  Westfälisches Museum für Archäologie / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen   Sächsische Siedlung bei Warendorf (Modell) / Münster,  Westfälisches Museum für Archäologie / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen
TITELSächsische Siedlung bei Warendorf (Modell)
URHEBER ABBILDUNGKlem, Josef


INFORMATIONSeit dem Anfang des 5. Jahrhunderts erfolgte eine kontinuierliche Zuwanderung und Landnahme der zwischen Elbe und Weser ansässigen Sachsen in dem Gebiet zwischen Weser, Ems, Lippe und Ruhr: Noch im 4. Jahrhundert wurden viele Siedlungsgebiete im östlichen Westfalen von der dort lebenden Bevölkerung aufgegeben. Teile von ihnen gerieten vermutlich in den Sog der Völkerwanderung und zogen nach Westen. Im Laufe des 5. Jahrhunderts wird dieses Gebiet bis zur Ems von den Sachsen bevölkert. Neue Siedlungen entstehen an bisher unbewohnten Stellen, so beispielsweise Minden, Bielefeld, Bad Salzuflen, aber auch östlich der Ems (Milte, Clarholz).

In den Jahren 1951-1959 wurden vom Westfälischen Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte Münster große Teile einer frühmittelalterlichen Siedlung des 7. und 8. Jahrhunderts ausgegraben, die nach der kulturräumlichen Einordnung der Grundrißtypen und dem Fundmaterial als eine sächsische Siedlung angesprochen werden muß. Im 6. Jahrhundert angelegt, wurde sie um 800 n. Chr., in der letzten Phase des unter Karl dem Großen geführten Sachsenkrieges, aufgegeben. Die Siedlung lag am Südufer der Ems, ca. 1 km westlich der heutigen Stadt Warendorf. Sie war an einer Furt angelegt, die wahrscheinlich zu einer alten Nord-Süd-Fernstraße gehörte und die schon im frühen Mittelalter als Heer- und Handelsstraße bedeutsam war.

Im Laufe der Siedlungsdauer wurde auf denselben Flächen vier- bis fünfmal gebaut, da vermutlich Bauten durch Feuer oder natürlichen Fäulnisprozeß der in die Erde eingelassenen Pfosten zerstört wurden. Die Siedlung bestand aus vier bis fünf nahe beieinander liegenden Höfen. Jeder Hof verfügte über eine Hoffläche von 100 x 100 m Größe, auf der acht bis zehn ebenerdige, zwei auf einer Plattform ruhende und drei bis vier in die Erde eingetiefte Gebäude gleichzeitig bestanden.

Das Bild zeigt das nach ergrabenen Hausgrundrissen rekonstruierte Modell einer Hofanlage aus der sächsischen Siedlung. Mittelpunkt der Hofanlage ist das großräumige Wohnhaus [1], das großflächig von Nebengebäuden - kleineren Wohnbauten, Wirtschaftsgebäuden, Scheunen, Ställen, Speichern und Grubenhäusern - umgeben ist. Das zur rechten Seite des Wohnhauses plazierte kleinere Haus kann als ein Wohnhaus angesprochen werden, das vermutlich den Knechten und Mägden als Unterkunft gedient hat. Im Hintergrund ist ein Wirtschaftsgebäude erkennbar. Bei den beiden, durch ihre eigenwillige Dachkonstruktion auffallenden Bauten im Vordergrund des Bildes, handelt es sich um sog. Grubenhäuser. Ihren Namen verdanken sie der Tatsache, daß ihre Wände zwischen 0,7 m und 1,2 m in den Erdboden eingelassen wurden, so daß der Innenraum ein grubenähnliches Aussehen hat. Sie dienten primär als Web- und Spinnhütten, allerdings ist auch eine Nutzung als Back- und Kochhäuser denkbar. [2]

Das aus Stabhölzern konstruierte Gebäude, das im vorderen rechten Teil des Bildes zu sehen ist, zeigt im originalen Grundriß eine sechseckige Form mit jeweils einer Seitenlänge von 2,2 m. Möglicherweise diente es früher als Schuppen für land- und hauswirtschaftliche Arbeitsgeräte. Bei dem zur Hälfte seitwandig offenen, nur durch Pfosten gestützten Gebäude (im Vordergrund des Bildes) handelt es sich um eine Schmiedewerkstatt. Im Innern des Hauses befindet sich die Feuerstelle; der Amboß steht im seitwandig offenen Gebäudeteil. Die Schmiedewerkstatt wurde am Rande einer Hofanlage angelegt, damit ein durch die Schmiedetätigkeit verursachter Brand nicht unmittelbar auf die anderen Gebäude übergreifen konnte. Das hinter der Schmiede liegende Gebäude kann als offener Schuppen für Geräte gedient haben. Die Originalgrößen nach den ergrabenen Grundrissen schwanken zwischen 3 und 14 m Länge und 2,5 und 4 m Breite. Bemerkenswert ist die gestelzte sechseckige Pfostenkonstruktion, die, durch ein Rieddach geschützt, als Speicherrost für Stroh und Heu diente. Durch die Lagerung auf einer Plattform konnte die schädliche Bodenfeuchtigkeit ferngehalten werden. Im Hinblick auf ein besseres Verständnis ist die Plattform separat nachgebildet worden.

Ein Großteil der Gebäude, die auf dem Bild durch die schräg zur Wand geneigten Pfosten erkennbar sind, waren einschiffige, d.h. ohne dachstützende Pfosten im Innern des Hauses konstruierte Pfostenbauten. [3] Ausnahmen bilden das als Scheune oder Stall zu interpretierende Gebäude, die Schmiedewerkstatt und der Speicherrost. Hier hat der Bauherr im Innern der Bauten Firstpfosten verwendet, die den Druck der Dachlast auffangen. Die Dächer sämtlicher Gebäude der Hofanlage waren mit Stroh oder Ried gedeckt, die Wände bestanden entweder aus lehmverputztem Rutengeflecht oder aus miteinander verzahnten Stabhölzern. Die Siedlung war großflächig von einem Zaun umgeben. Auf dem Bild markiert der im Hintergrund sichtbare Zaun die äußerste Grenze des Siedlungskomplexes. Der Zaun hatte keine wehrhafte Bedeutung, sondern sollte die Siedlung lediglich vor Vieh- und Wildschäden schützen. [4] Der bäuerliche Hof innerhalb der Siedlung ist als eine "vielhäusige Gehöftanlage" [5] erbaut worden, d.h. als eine um das Wohnhaus als Mittelpunkt sich gruppierende Mehrzahl von Gebäuden, die entsprechend dem bäuerlichen Wirtschaftsleben verschiedene Funktionen hatten. Dieser Warendorfer Siedlungstypus ist vorherrschend für die sächsische Siedlungsweise in Westfalen. Er ist aber auch bei anderen germanischen Stämmen, von den Bayern und Alemannen im Süden bis zu den Dänen und Schweden im Norden üblich. [6]

Die sächsische Siedlung war ausschließlich agrarisch bestimmt. Der sächsische Bauer war ein "Wald-/Viehbauer". [7] Das Pflugland diente dem Anbau von Getreide. Die Viehhaltung (Schweine, Schafe, Rinder) wurde ermöglicht durch die lichten Birken-, Eichen- und Rotbuchenwälder, die vom Vieh, insbesondere von den Schweinen, beweidet wurden. Ihre Nahrungsgrundlage waren im Sommer Eicheln, Bucheckern und Laub, im Winter das Heu. Besondere Bedeutung hatte der Wald nicht nur als Ort der Jagd auf Wild, sondern er lieferte auch das Holz, den Grundstoff für Häuser und Geräte, das Brennmaterial für die Nahrungszubereitung, für die Töpferei, für die Eisenverhüttung und -verarbeitung.


[1] Vgl. dazu Bild 3  Medien.
[2] Vgl. dazu Bild 6  Medien; vgl. W. Winkelmann, 1984, S. 47.
[3] Vgl. dazu Bild 3  Medien.
[4] Vgl. W. Winkelmann, 1984, S. 53.
[5] Vgl. W. Winkelmann, 1984, S. 52.
[6] Vgl. W. Winkelmann, 1983, S. 208.
[7] Vgl. M. Balzer, S. 236.


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OBJEKT-PROVENIENZMünster, Westfälisches Museum für Archäologie
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen


QUELLE    Frick-Lemmer, Gundi | Alltagsleben der Sachsen | Dia 02, S. 10-13
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ140   Modell
Zeit2   Mittelalter
Ort3.8.13   Warendorf, Stadt
DATUM AUFNAHME2004-03-01
AUFRUFE GESAMT3177
AUFRUFE IM MONAT235