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(68 KB)   Synagoge Bochum: Neues Selbstbewusstsein / Bochum, Presse- und Informationsamt der Stadt   Synagoge Bochum: Neues Selbstbewusstsein / Bochum, Presse- und Informationsamt der Stadt
TITELSynagoge Bochum: Neues Selbstbewusstsein
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONMit zunehmender Emanzipation wünschten sich die Gemeinden Synagogenbauten, die auch äußerlich das gestiegene Selbstbewusstsein zum Ausdruck bringen sollten. Schwierig gestaltete sich dabei die Wahl eines geeigneten Baustils. Eine Synagoge konnte bzw. durfte nicht in den Formen einer Kirche gebaut werden. Der gotische Baustil war fast ausschließlich den christlichen Konfessionen vorbehalten, der romanische Stil ebenfalls stark christlich belegt. Es stand daher nur eine kleine Auswahl an Baustilen zur Verfügung.

Seit den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts entschied sich daher eine ganze Reihe von Gemeinden für den sogenannten maurischen Stil als Ausdruck einer gewissen Selbständigkeit und Freiheit. Der maurische Stil wurde häufig als mit der Gotik verwandt dargestellt, die Verwendung des Spitzbogens in der arabischen Architektur als Vorläufer des gotischen Spitzbogens gesehen. Dennoch betrachtete man den arabischen Stil als minderwertig. Die zweitrangige Stellung der Juden in der Gesellschaft war derart tief verwurzelt, dass es gleichsam selbstverständlich schien, ihnen einen im Vergleich mit der Gotik zweitrangigen Baustil zu empfehlen.

Eine Identifizierung der Juden mit orientalischen Völkern entsprach im 18. und 19. Jahrhundert der allgemeinen Auffassung. Die "Entdeckung" und Verwendung des maurisch-arabischen Stils beim Bau von Synagogen verwunderte daher nicht. In der zeitgenössischen Kritik gab es kaum negative Stimmen. Man bestaunte die aufwendigen Formen und bewunderte ihre Fremdartigkeit, so wie man es bei den maurischen Pavillons in den fürstlichen Parks auch tat.

Die Verwendung maurischer Stilformen in der Synagogenarchitektur des 19. Jahrhunderts war vor allem von dem Wunsch geleitet, der Synagoge einen eigenen Charakter zu verleihen, sie nicht als Profanbau erscheinen zu lassen, aber auch vom christlichen Sakralbau abzuheben.

Von jüdischer Seite betrachtete man den maurischen Stil als Ausdruck einer vermeintlichen Freiheit. Aufgrund seiner Fremdheit wirkte dieser Stil in der bürgerlichen Gesellschaft alles andere als integrierend. Der Antisemitismus und die immer aggressiver werdende Propaganda gegen die Juden zeigten sehr bald, dass die 1871 gewährte Gleichberechtigung vielfach nur auf dem Papier stand. Im Synagogenbau führte dies dazu, dass seit den späten achtziger Jahren wieder der romanische Stil zum meistverwendeten wurde. [1]

Die Bautätigkeit von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg war relativ stark, da durch die Ausschreitungen in Rußland und durch die allgemeine Landflucht eine starke Bewegung nach Westen bzw. in die Städte einsetzte. Nach 1918 entstanden weniger Bauten. Die wirtschaftliche Krise dezimierte das Vermögen der Gemeinden, und der Antisemitismus schränkte eine öffentliche Darstellung, wie es ein Synagogenbau war, zunehmend ein. Auch in Westfalen entstanden im 19. Jahrhundert mehrere Synagogen, die ganz im maurisch-orientalischen Stil errichtet bzw. mit entsprechenden Elementen ausgestaltet wurden. Neben einzelnen größeren Gebäuden finden sich ebenso kleine Landsynagogen. [2]


Bad Salzuflen-Schötmar

Die kleine Synagoge im maurisch-orientalisierenden Stil entstand 1887 als ein zweigeschossiger Kuppelbau auf quadratischem Grundriss. Sie hob sich deutlich von den benachbarten Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ab (siehe Bild 9  Medien).


Bochum, Wilhelmstraße

1863 war der Synagogenneubau an der Wilhelmstraße fertiggestellt. Der Anstieg der Mitgliederzahlen machte Mitte der neunziger Jahre eine Erweiterung der Synagoge erforderlich. Dabei erfolgte nicht nur eine bauliche Vergrößerung, sondern auch eine Anreicherung der Ausgestaltung. Das gesamte Äußere wurde durch die Anwendung prunkvoller orientalisierender Formen neugestaltet. Allerdings war Mitte der neunziger Jahre die Blütezeit des maurisch-orientalischen Stils überschritten. Die um die Jahrhundertwende gebauten Synagogen bevorzugten überwiegend einen neoromanischen Stil. Da der Gemeinde der maurische Stil wohl zu exotisch und zu orientalisch erschien, entfernte man 1925 bei einem weiteren Umbau alle Elemente, die für diesen Stil charakteristisch waren. [3] Das Foto zeigt die Bochumer Synagoge in der 1896 wieder eingeweihten erweiterten und maurisch umgebauten Form.


Hamm

Im Februar 1868 erhielt die jüdische Gemeinde die Genehmigung für den Bau einer neuen Synagoge. Der Stil der Außenarchitektur der kleinen Synagoge reichte vom Rundbogen über die Neuromanik bis zu orientalisch anmutenden Versatzstücken. Hamm ist ein Beispiel dafür, dass der Versuch, mit orientalischen Stilmitteln zu arbeiten, gerade bei kleinen Synagogen oftmals etwas unsicher anmutet.


Minden, Kampstraße

Der längsgerichtete Quaderbau erhielt durch einige Details ein orientalisches präge: lilienförmige Friese und türmchenartige Eckaufsätze, Hufeisenfenster, ein Zinnenband. Die Einweihung erfolgte im März 1865 (siehe Bild 1  Medien).


Rheine, Salzbergener Straße

Die im Juni 1887 eingeweihte Synagoge war als ebenerdiger, quadratischer Kuppelbau im maurischen Stil angelegt.


[1] Harold Hammer-Schenk: Die Architektur der Synagogen von 1780 bis 1933. ln: Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Die Architektur der Synagoge. S. 157-285; zum maurischen Stil s. S. 194ff.
[2] Günter Birkmann, Hartmut Stratmann: Bedenke, vor wem du stehst. S. 44f., S. 70f., S. 167f., S. 183ff., S. 283ff.
[3] Gisela Wilbertz. Synagogen und jüdische Volksschulen in Bochum und Wattenscheid. Bochum 1988. S. 35-51.


TECHNIKFoto
FORMATjpg


FOTO-PROVENIENZBochum, Presse- und Informationsamt der Stadt


QUELLE    Ridder, Thomas | Synagogen in Westfalen | Dia 04, S. 25-27
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.8   1850-1899
3.9   1900-1949
Ort1.1   Bochum, Stadt <Kreisfr. Stadt>
1.5   Hamm, Stadt <Kreisfr. Stadt>
2.5.2   Bad Salzuflen, Stadt
2.6.6   Minden, Stadt
3.7.19   Rheine, Stadt
Sachgebiet16.4   Jüdische Gemeinden
16.6.1   Kirchenbau, Sakralbauten / Kirchenaausstattung
DATUM AUFNAHME2004-02-23
AUFRUFE GESAMT5163
AUFRUFE IM MONAT296