Hovestadt

Geschichte Hovestadt, heute gelegen in der Gemeinde Lippetal, Ortsteil Hovestadt, ist in der ersten Hälfte des 13. Jhs. von den Erzbischöfen von Köln als westfälische Landesburg errichtet worden. Die 1276 vollendete, später aber erweiterte Anlage wurde 1303 und 1346 zerstört, jeweils aber wieder aufgebaut. Um 1473 gelangten Burg und Amt Hovestadt als Pfand an die von Ketteler zu Neu-Assen ( Archiv Assen), die hier schon über ein Burglehen verfügten und in der Folge weitere erwarben. 1562 wurde die Pfandschaft für die Burg in ein Lehen umgewandelt. Goswin von Ketteler ließ zwischn 1563 und 1572 die heutige Anlage im Stil der Lippe-Renaissance durch den niederländischen Baumeister Laurenz von Brachum umbauen. Nach dem Aussterben der von Ketteler zu Hovestadt im Mannesstamm gelangte der Besitz in der Mitte des 17. Jhs. an einen verschwägerten Freiherrn von Haiden zu Schönrade und Boke, dessen Familie Hovestadt 1710/1726 für 180.000 Rtlr. an die von Plettenberg zu Lenhausen verkaufte. Kurz darauf erfolgte der Umbau des Landsitzes, vermutlich nach den Plänen von Johann Conrad Schlaun.

Mitglieder der aus dem sauerländischen Plettenberg in der Grafschaft Mark stammenden Familie von Plettenberg waren im Mittelalter als Burgmänner auf verschiedenen Landesfestungen und als Drosten auf der Burg Schwarzenberg tätig gewesen; Johann von Plettenberg bekleidete im 13. Jh. das Amt eines Marschalls des Herzogtums Westphalen. Durch den Kauf der zwischen 1313 und 1338 angelegten Wasserburg Lenhausen, die 1483 in das obere und das untere Haus geteilt wurde, begründete Heidenreich von Plettenberg aus der Linie zu Finnentrop und Bamenohl 1456/1468 dort einen neuen Familienzweig, die Familie von Plettenberg zu Lenhausen. Durch Heirat fiel Ende des 16. Jhs. die Herrschaft Bergstraße an (vorher von Ense gen. Schneidewind).

Während die Stammherren im 17./18. Jh. - geografisch gesehen - weitgehend in hohen Ämter des kurkölnischen Verwaltungsdienstes des Herzogtums Westphalen tätig waren (v. a. als Drosten und Räte), wurden die familiären Verbindungen mit dem Stift Münster durch Heiraten in die führenden Familien des Landes (u. a. von Galen, von Westerholt) sowie zahlreiche Präbendierungen mit hohen Würden (Propst, Scholaster) immer enger. Durch die Wahl des  Friedrich Christians (1644-1706) zum münsterschen Fürstbischof (1688) erfuhr die Familie eine erhebliche Bedeutungssteigerung. Der neue Landesherr verstand es, die erheblichen bischöflichen Einkünfte und Subsidiengelder, die aus seiner Neutralitätspolitik resultierten, in den Kauf von Ämtern und Gütern zu investieren, um somit - wie schon zuvor bei der Familie von Galen - einerseits eine günstige Ausgangslage für die Sicherung von Macht- und Einflusssphären sowie andererseits den weiteren Aufstieg und Fortbestand seiner Familie im Fürstbistum Münster zu schaffen. Im Vergleich zu anderen Familien erfolgte relativ früh die Erhebung seiner Brüder in den Reichsfreiherrenstand (20.07.1689). Im selben Jahr wurden Mellrich und 1697 die Gerichtsbarkeit zu Lenhausen und Rönkhausen erworben. 1732 erfolgte der Ankauf des unteren Hauses in Lenhausen und des 1617 von der Linie des unteren Hauses gekauften Gutes Weuspert (vorher von Ohl, von Neuhoff) und damit die Wiedervereinigung des 1483 geteilten Besitzes.

1695 schenkte der Fürstbischof seinem Bruder  Johann Adolph (1655-1695) das von ihm angekaufte Haus Nordkirchen als donatio inter vivos; 1694 hatte sich Möglichkeit ergeben, von den Erben der Ritter Morrien für 250.000 Rtlr. das landtagsfähige Gut Nordkirchen, etwa 35 km südlich der Hauptstadt Münster im Amt Werne gelegen, zu erwerben. Der Eigentumskomplex umfasste neben dem münsterschen Erbmarschallat und umfangreichem städtischen, zwischen 1535/1542 von dem adligen Voreigentümer Morrien gebildeten Hauseigentum in Münster die Halbscheid von Haus Davensberg, den Beifang Capelle, Haus Haselburg, Haus Buxfort, ein Burglehen in Werne, einen Teil von Vischering, die Freigrafschaften Wessenfort und Tecklenburg. Aber Johann Adolph starb schon 1695, und auch dessen Sohn,  Werner Anton (geb. 1688), starb bereits 1711, sodass die Güter geteilt und an dessen Brüder  Ferdinand, den späteren kurfürstlichen Minister (1712, Nordkirchen), und  Friedrich Bernhard (1695-1730) (1720, Stammgut Lenhausen) fielen. Ziel dieser Linienteilung war offenbar, den Gutsbesitz und die verschiedenen familiären Einflusssphären im Herzogtum Westphalen (von Plettenberg zu Lenhausen, Mellrich, Bergstraße und Hovestadt) und im Fürstbistum Münster (von Plettenberg zu Nordkirchen[-Wittem]) voneinander abzugrenzen. Einerseits blieben die auf das jeweilige Territorium bezogenen Güter und Ämterpositionen im Besitz einer Linie erhalten, andererseits konnte durch die Gründung der Linie zu Nordkirchen einem weiteren Zweig Chancen eröffnet und dadurch der Einfluss der Familie von Plettenberg auf zwei Länder insgesamt wirkungsvoller erweitert werden. Diese neue Bedeutung schlug sich auch in der Erhebung der beiden Linien in den Reichsgrafenstand nieder (08.12.1724).
Benutzungsort LWL-Archivamt für Westfalen
Eigentümer/in Graf von Plettenberg-Lenhausen
Bestand
Hovestadt, Urkunden Regestenliste | Suche im Bestand
Bestandsignatur Hov.Uk
Findbuch Hov.Uk 4
Umfang 467 Urkunden
Laufzeit 1272-1792
Inhalt Familien von Plettenberg (Güter Lenhausen, Osterwede, Hovestadt), von Ketteler (Güter Assen, Hovestadt), von Marhülsen (Güter Haaksbergen, Vreden)
Information Das Archiv in Hovestadt setzt sich hauptsächlich aus zwei alten Archivkörpern zusammen, dem Archiv der Familie von Plettenberg zu Lenhausen (Gemeinde Finnentrop-Lenhausen) und dem Archiv der von Ketteler und von Heiden zu Hovestadt (Gemeinde Lippetal-Hovestadt). Beide Archive wurden nach der Erwerbung Hovestadts durch den Grafen von Plettenberg (Kauf 1726, Inbesitznahme nach dem Tod der nutzungsberechtigten Gräfin von Heiden 1733) in Hovestadt vereinigt.

Im Jahre 1900 erfolgte die Deponierung des damals vorhandenen Urkundenbestandes im Staatsarchiv Münster, doch verblieben die Akten, aus denen bei der Verzeichnung 1936-1938 noch rund 460 Urkunden herausgenommen wurden, in Hovestadt. Die Rückführung der Urkunden nach Hovestadt erfolgte 1996. Es existieren damit zwei Teilbestände, die durch eigene Findbücher erschlossen sind. Bei diesem Bestand handelt es sich um die 1936-1938 aufgenommenen Stücke.
Weitere Ressourcen Ressourcen zu Lippetal, zu Finnentrop und zum Thema Adel im Internet-Portal "Westfälische Geschichte"

Schloss Hovestadt in Lippetal-Hovestadt | Google Maps

Gemeinde Lippetal

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Gemeinde Finnentrop
Literatur Bauermann, Johannes
Westfälische Adelsarchive im Staatsarchiv zu Münster. In: Westfälisches Adelsblatt 2, 1925, S. 285-300.

Grotefend, Otto
Aus dem Plettenbergschen Archiv zu Hovestadt. In: WZ 59, 1901, S. 239-243.


Arbusow, L.
Die Genealogie der Plettenberg. In: Jahrbuch für Genealogie und Geschichte, 1895, S. 163-166.

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Zur Genealogie der Plettenberg. In: Jahrbuch für Genealogie und Geschichte, 1897, S. 1-6.

Conrad, Horst
Die Bauten auf der Burg Hovestadt in den Jahren 1473 bis 1492. In: Südwestfalen-Archiv 5, 2005, S. 43-65.

Falkenheiner
Beitrag zur Geschichte der Familie v. Plettenberg. In: WZ 6, 1843, S. 349-360.

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Juwel der Lippe-Renaissance. Schloss Hovestadt gilt als das bedeutendste Werk des Baumeisters Laurenz von Brachum. In: Heimatkalender Kreis Soest 2009, S. 38-40.

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Systematik
Zeit2.16   1250-1299
2.17   1300-1349
2.18   1350-1399
2.19   1400-1449
2.20   1450-1499
3.1   1500-1549
3.2   1550-1599
3.3   1600-1649
3.4   1650-1699
3.5   1700-1749
3.6   1750-1799
Ort1.9.3   Finnentrop, Gemeinde
1.11.6   Lippetal, Gemeinde
3.1.17   Vreden, Stadt
Sachgebiet6.8.1   Adel
Datum Aufnahme 2010-04-07
Datum Änderung 2011-11-04
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