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Bergbau und Stahlindustrie


 
 
Einleitung
Die Industrialisierung des heutigen Ruhrgebiets begann mit dem Abbau der Steinkohle an der Ruhr. Im 18. Jahrhundert gab es bereits zahlreiche Stollenzechen im Ruhrtal. Seit den 1830er Jahren wanderte der Bergbau mit den ersten Tiefbauzechen langsam nach Norden. Hier lagen die obersten Kohlenflöze in ca. 90 m Tiefe. In den 1840er Jahren setzte ein wahrer "Kohlenrausch" in der Region zwischen Ruhr und Emscher ein.

Bei der Gewinnung von Kohle im Tiefbau spielte die Entwicklung der Dampfmaschine eine entscheidende Rolle. Eines der größten Probleme beim Untertageabbau war das einströmende Grundwasser. Mithilfe der Dampfmaschinen wurden die Wasserpumpen angetrieben, um das Grubenwasser nach Übertage zu pumpen. Erst dadurch war der Abbau in größeren Tiefen gewinnbringend möglich.

Die neuen Bergwerke drangen rasch in Tiefen von bis zu 700 m vor. Um die abgebauten Kohlen zu heben und um Material und Arbeiter nach Untertage und zurück zu bringen, war die Dampfmaschine als Antrieb für die Förderkörbe unerlässlich. Diese Maschinen waren das Herzstück einer jeden Zeche, was sich heute noch in der aufwändigen Architektur der Maschinenhallen aus dem 19. Jahrhundert widerspiegelt. Technische Innovationen wie die Entwicklung eines neuen Fördersystems im Jahr 1877 durch den Direktor der Zeche Hannover in Bochum, Friedrich Koepe, trugen zur steigenden Produktivität und zur größeren Sicherheit des Grubenbetriebs bei.
Anke Asfur

Wirtschaftlicher Strukturwandel und Herausbildung von 'Global Playern' in Westfalen im 19. und 20. Jahrhundert




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Zechen und andere Industriebetriebe waren maßgeblich an der Elektrifizierung der Kommunen beteiligt. Die Zechen förderten die Kohle, die seit den 1890er Jahren verstärkt zur Stromerzeugung benötigt wurde. Sowohl auf den Zechen selber als auch auf anderen Industrieanlagen wurden Kohlekraftwerke gebaut. Sie produzierten so viel Strom, dass nach Deckung des eigenen Bedarfs noch Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden konnte. Unter Führung des Industriellen Hugo Stinnes wurde 1898 das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) gegründet, das mit günstigen Tarifen zahlreiche Gemeinden im Rheinland mit Strom versorgte. Als Gegengewicht zu einem befürchteten Elektrizitätsmonopol des RWE betrieben die Kommunen des Westfälischen Ruhrgebiets die Gründung des Elektricitätswerks Westfalen (EWW) sowie dann 1908 des Westfälischen Verbands-Elektrizitätswerks (WVE, später VEW). An diesen Energieversorgungsgesellschaften blieben Bergbauunternehmen auch weiterhin beteiligt. Durch den Bau von Großkraftwerken konnte die Überlandversorgung mit Strom gewährleistet werden, so dass auch die Landkreise Westfalens bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs weitestgehend elektrifiziert waren.

Bei der Gewinnung von Roheisen im Hochofen wurde seit Mitte des 19. Jahrhunderts Steinkohlenkoks eingesetzt. Für die Eisen- und Stahlproduzenten war deshalb schnelle und kostengünstige Versorgung mit Kohle ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor geworden. Aus diesem Grund siedelten sich die großen Stahlunternehmen im Ruhrgebiet, in unmittelbarer Nähe der Zechen, an. Firmen wie Krupp in Essen oder der Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation erwarben eigene Zechen, um sicher und billig Kohle zu erhalten.

Kohle und Stahl im Ruhrgebiet waren wichtige Träger der deutschen Rüstungsindustrie. So brachte die Aufrüstung vor den beiden Weltkriegen, vor allem aber in den 1930er Jahren einen großen Konjunkturschub, der häufig zu einer stärkeren technischen Modernisierung der Betriebe führte. In beiden Weltkriegen wurde mit dem Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern versucht, die Lücken der zum Kriegsdienst eingezogenen deutschen Arbeiter zu füllen und eine hohe Produktion aufrechtzuerhalten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Montanindustrie unter alliierter Kontrolle, Zechen und Stahlindustrie wurden entflochten. Etliche Betriebe der Montanindustrie waren gezwungen, im Zuge der Reparationsforderungen der Alliierten Teile ihrer Anlagen zu demontieren. Gleichzeitig diente vor allem die Kohlenförderung als "Motor" für Reparationszahlungen und den Wiederaufbau. Wie groß der Arbeitskräftebedarf auf den Zechen war, zeigen die vielen Anwerbemaßnahmen, mit denen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bayern und - seit Mitte der 1950er Jahre - in den europäischen Mittelmeerländern für die Arbeit im Bergbau geworben wurde.

Nach der Hochkonjunktur Anfang und Mitte der 1950er Jahre setzte allerdings bald die erste Krise und damit langfristig der Niedergang des Bergbaus im Ruhrgebiet ein. 1958 verfuhren die Bergleute die ersten Feierschichten, in den 1960er Jahren kam es zu zahlreichen Zechenstilllegungen. Während 1950 noch ca. 600.000 Beschäftigte auf 150 Zechen arbeiteten, sind es heute noch 44.000 Bergleute auf zehn Zechen. Der Bergbau hat sich ins Münsterland verlagert und wird in größeren Tiefen zunehmend teurer. Auch in der Stahlindustrie lässt sich seit Mitte der 1970er Jahre ein gravierender Rückgang verzeichnen, etliche große Hochofen- und Stahlwerke mussten schließen. Im westfälischen Teil des Ruhrgebiets ist heute kein Hochofen mehr in Betrieb.

Durch Ansiedlung neuer Industriebetriebe wie dem Opelwerk in Bochum und neuer Dienstleistungszentren wie Universitäten mit ihren angegliederten Technologieparks wurde versucht, den Verlust der Arbeitsplätze in den alten montanindustriellen Branchen durch neue Arbeitsplätze aufzufangen. Der so genannte Strukturwandel im Ruhrgebiet kennzeichnet somit die Ablösung einer eher einseitig ausgerichteten Industriestruktur durch verschiedene neue Industrie- und Dienstleistungszweige.