Mittelalterliche Lebensformen / Lebensordnungen > Hexen


 
Martin Deusch

Hexen - Neues Denken, neue Welt

 
 
Oberthema
"Mittelalterliche Lebensformen und Lebensordnungen"
 
 
Stufe
7
 
 
Zeit
ab 1500
 
 
Grundbegriffe
  • Fortschritt
  • Rationalität
  • Humanismus
  • Renaissance
  • Reformation
  • Protestantismus
  • Hexenverfolgung
  • Konfession
 
 
Sachanalyse
Vor mehr als 500 Jahren entstand der Hexenhammer, jenes Werk der beiden Dominikaner Heinrich Institoris und Jacob Sprenger, das, auf päpstliche Autorität gestützt, zur ideologischen Grundlage für die Hexenverfolgung und zum Handbuch für die Hexenjäger wurde. Innerhalb von drei Jahrhunderten wurden Hunderttausende von Menschen - andere Schätzungen gehen in die Millionen - als Zauberer und Hexen, davon 80% Mädchen und Frauen, auf den Scheiterhaufen der Inquisition verbrannt oder gegen Geld zum Tode durch das Schwert begnadigt. Einmal in den Fängen der Inquisition, gab es für die Angeklagten keine Chance mehr, ihre Unschuld zu beweisen. Wer in Verdacht geriet, mit dem Teufel zu paktieren, nächtliche Luftfahrten zum Hexensabbat zu unternehmen seiner Umwelt Krankheiten, Tod und andere Schäden anzuzaubern, wurde festgenommen, mit Hilfe von Daumenschrauben und Streckleiter gefoltert und verhört und schließlich gerichtet.
 
 
Didaktischer Kommentar
Im Rahmen der Beschäftigung mit dem Inhaltsbereich "Neues Denken, neue Welt" fordern die Richtlinien für den Geschichtsunterricht in der Jahrgangsstufe 7 ausdrücklich eine Thematisierung der Schattenseiten der Veränderungsprozesse und weisen in diesem Zusammenhang hin auf "...etwa die Hexenverfolgungen mit ihrem frauenfeindlichen und sexualpathologischen Hintergrund, die ja entgegen dem verbreiteten Klischee keine Erfindung des finsteren Mittelalters sind, sondern einer Epoche zugehören, die sich selbst als fortschrittlich feierte." Nach Meinung der Autoren der Richtlinien könne durch Beschäftigung mit diesem Themenbereich die Ambivalenz des Fortschritts ins Bewusstsein der Jugendlichen gehoben werden. An dieser Stelle nach regionalgeschichtlichen Bezügen zu suchen, und somit den Schülern klarzumachen, dass die Vorgänge der Hexenverfolgungen in der alltäglichen Lebenswelt ihrer Vorfahren stattfanden, versteht sich von selbst. Zahlreiche Akten, die in vielen Fällen veröffentlicht wurden, bilden dabei einen geeigneten Ausgangspunkt, um sich dem Thema zu nähern. Eine anschließende Ausweitung auf allgemeinere Texte kann zeigen, dass es sich bei den zunächst bearbeiteten Quellen keineswegs um Einzelfälle handelte. Abschließend können Texte, die sich bereits früh kritisch mit der Willkürlichkeit der Verfolgungen befassten, die Thematik abrunden. Es bietet sich an, die jeweiligen Unterrichtsschritte mit Bildquellen zu unterstützen. Für alle hier genannten Schritte sind im Folgenden Beispiele beigefügt.
 
 
Stundenthemen
  • Hexenverfolgung als Gegenpol rationalen Fortschritts
  • Das "Winterbergisch Halsgericht" - Rationalität und Magie im Alltag
  • Der "Hexenhammer" als Grundlage der Hexenverfolgungen
  • Die "Peinliche Gerichtsordnung" - Legalisierung der Verfolgungen?
  • Der Teufelskreis der Verfolgung - Gab es Möglichkeiten zu entkommen?
  • Zeitgenössische Kritik an den Hexenverfolgungen - Johann Weyer
 
 
Literatur
Sekundärliteratur
Alfing, Sabine
Hexenjagd und Zaubereiprozesse in Münster. Vom Umgang mit Sündenböcken in den Krisenzeiten des 16. und 17. Jahrhunderts. Münster [u.a.] 1991.

Aust, Peter
1523. Winterberger Frauen als Hexen verbrannt. In: De Flitterkiste, Bd. 5, Winterberg 1993, S. 9-20
[Nachbetrachtung, in: De Flitterkiste, Bd. 5, Winterberg 1993, S. 44-49].

Behringer, Wolfgang (Hg.)
Hexen und Hexenprozesse in Deutschland. München 1988.

Hammes, Manfred
Hexenwahn und Hexenprozesse. Frankfurt/M. 1977.

Irsigler, Franz / Lassotta, Arnold (Hg.)
Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker. Außenseiter in einer mittelalterlichen Stadt. München 1989.

Knese, Louis
Zauberwahn und Hexenprozesse in Barntrup. Ein Beitrag zur Chronik der Stadt Barntrup und zur Geschichte der Hexenprozesse im Lande Lippe. Zum 600jährigen Bestehen der Stadt Barntrup am 21. Mai 1976. Detmold 1977.

Meier, Karl
Hexen, Henker und Tyrannen. Die letzte und blutigste Hexenverfolgung in Lemgo 1665-1681. Lemgo 1973.

Mögenburg, Harm / Schwarz, Uta
Hexen und Ketzer - der Umgang mit Minderheiten vom Mittelalter bis heute. 2. Aufl. Frankfurt/M. 1991.

Radbruch, Gustav (Hg.)
Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karl V. von 1532 (Carolina). 6. durchgesehene Auflage, hg. von A. Kaufmann. Stuttgart 1984.

Saatkamp, Marielies
Von den bösen Weibern die man nennet die Hexen. Schriftenreihe des Kreises Borken, Bd. 12. Borken 1992.

Schild, Wolfgang
Alte Lemgoer Kriminalgerichtsbarkeit, in: Peter. Johanek [u.a.] (Hg.), 800 Jahre Lemgo, Aspekte der Stadtgeschichte, (=Beiträge zur Geschichte der Stadt Lemgo, Bd. 2), Lemgo 1990, S. 141-170.

Schmidt, Jürgen
"Winterbergisch halsgericht". In: De Flitterkiste, Bd. 5, Winterberg 1993, S. 21-43.

Soldan, Wilhelm-Gottlieb / Heppe, Heinrich
Geschichte der Hexenprozesse. 2 Bde. Erstauflage 1880. Stuttgart 1986.

Ströhmer, Michael
Von Hexen, Ratsherren und Juristen. Die Rezeption der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. in den frühen Hexenprozessen der Hansestadt Lemgo 1583-1621. Studien und Quellen zur westfälischen Geschichte, Bd. 43. Paderborn 2002.
 
 
Methoden
  • Analyse schriftlicher Quellen
  • Text- und Bildinterpretation
  • Einüben des Perspektivenwechsels
  • Vertiefte Auswertung historischer Überreste
  • Vertiefung des synchronen Verfahrens
 
 
Lernziele
Die Schüler sollen ...
  • eine gesicherte Faktenbasis über den Hexenwahn erwerben, der im Mitteleuropa der frühen Neuzeit um sich griff,
  • an einem exemplarischen Beispiel einen der frühesten Hexenprozesse in Westfalen nachvollziehen,
  • sowohl die juristischen als auch die ideologischen Grundlagen solcher Prozesse erkennen können,
  • lernen, neben Textquellen weiteres Quellenmaterial wie zum Beispiel Bildquellen kritisch auszuwerten.
 
 
Lernorte
Städtisches Museum Hexenbürgermeisterhaus
Breite Str. 19
32657 Lemgo
Tel. 05261/213463
URL: http://www.lemgo.de/hexenbuergermeisterhaus.htm
 
 
Links
Seite des historicum.net (Wissenschaftliches Internetportal zu verschiedenen Themen der Geschichte) zur Hexenverfolgung
URL: http://www.hexenforschung.historicum.net/aktuelles/hextagdortmund.html

Literaturliste zum Thema Hexen der Uni Tübingen
URL: http://www.uni-tuebingen.de/IfGL/akih/akih_6li.htm

Porträt des Pfarrers Anton Prätorius, eines frühen Gegners der Hexenprozesse
URL: http://www.reformiert-online.net/lexikon/29_de.php

Hexen im Internet. Private Homepage mit zahlreichen Verweisen
URL: http://www.geschichte.uni-freiburg.de/histsem/mertens/graf/hexen.htm

Wissenschaftlicher Artikel zur Hexenverfolgung in Ostwestfalen
URL: http://members.aol.com/Deckerpaderborn/lemgo.html

Artikel über einen Zaubereiprozess in Dülmen
URL: http://www.heimatverein-duelmen.de/heimatblaetter/heft2-2001/zaubereiprozess

Hexenverfolgung im Sauerland während des Dreißigjährigen Kriegs
URL: http://members.aol.com/Deckerpaderborn/Sauerland.html

Seite zu Person und Werk von Friedrich Spee, einem der prominenten Gegner der Hexenprozesse
URL: http://www.friedrich-spee.de/werke/hexenprozess.html