Zeitabschnitte > 1871-1914





 

1. "Kulturkampf" -
Kampf des Staates gegen die
katholische Kirche

 
 
 
Das erste Jahrzehnt nach der Reichsgründung stand in Westfalen politisch weithin im Zeichen des Kulturkampfes. Der von Bismarck mit williger Unterstützung der liberalen Parlamentsmehrheit begonnene Kampf gegen die katholische Kirche wurde hier mit besonderer Erbitterung geführt. Friedrich Kühlwetter, der am 02.06.1871 das Amt des Oberpräsidenten übernahm, war ungeachtet seiner katholischen Konfession ein geschworener Feind des Ultramontanismus, also jener Bestrebungen, die vom Papst von "jenseits der Berge" (Alpen) aus geführte Kirche dem Staat überzuordnen. Er handhabte die kirchenfeindlichen Gesetze in der Provinz mit besonderer Schärfe. Eine Ergänzung des Strafgesetzbuches durch den so genannten Kanzelparagrafen im Dezember 1871 gab die Möglichkeit, Geistliche zu bestrafen, wenn sie durch Äußerungen den öffentlichen Frieden gefährdeten. Das Schulaufsichtsgesetz vom Juni 1872 schloss die katholischen Ordensgeistlichen von der Lehrtätigkeit an öffentlichen Schulen aus. Mit den Gesetzen vom Mai 1873 über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen, die kirchliche Disziplinargewalt und die Errichtung eines Gerichtshofes für geistliche Angelegenheiten u. a. erreichte der Kampf einen ersten Höhepunkt.

Bischof Bernard Brinkmann verstieß wie andere Bischöfe alsbald gegen das Gesetz, das bei der Bestallung von Klerikern eine vorherige Anzeige verlangte. Als er deswegen gerichtlich geladen und schließlich gepfändet werden sollte, brachen in Münster Tumulte aus, die zum Einsatz von Militär führten. Da die Geldstrafen nicht beizutreiben waren, wurde nach und nach etwa die Hälfte der Bischöfe in Preußen zur Verbüßung der gerichtlich festgesetzten Ersatzstrafen in Haft genommen. Erzbischof Melchers von Köln verbüßte 1874, der Bischof von Münster 1875 sechs Monate Gefängnis. Bischof Konrad Martin von Paderborn verbrachte von August 1874 bis März 1875 acht Monate im Gefängnis und auf der Festung Wesel. Erneuter Haft entzog er sich durch Flucht nach Belgien, wo er 1879 starb. Erzbischof Melchers und Bischof Brinkmann flohen nach Holland. Ihre Absetzung und Ausweisung aus dem Reichsgebiet (Expatriierungsgesetz des Deutschen Reichs vom 04.05.1874, aufgehoben am 06.05.1890) konnte die Lage nur verschärfen. Da auch gegen die gesetzwidrig angestellten Geistlichen und solche, die in vakanten Pfarreien kirchliche Amtshandlungen vornahmen, Strafverfahren eingeleitet wurden, verzichteten die Bischöfe darauf, weitere Geistliche einzustellen. Im Sommer 1881 waren im rheinisch-westfälischen Teil der Diözese Münster 123, in der Diözese Paderborn 114 Pfarrstellen nicht besetzt.

Weitere Gesetze sollten den Druck auf die Kirche verstärken. 1875 wurden nach dem sog. Brotkorbgesetz sämtliche Zahlungen aus Staatsmitteln an Bistümer, kirchliche Institute und Geistliche eingestellt, sofern die Empfänger nicht eine schriftliche Erklärung abgaben, die Gesetze des Staates zu befolgen. Da diese Gehorsamserklärung nur ausnahmsweise abgegeben wurde, erfolgte praktisch eine vollständige Sperre der staatlichen Leistungen. Opfergänge der Gläubigen haben diesen Ausfall einigermaßen ersetzt. Bischöfliche Lehr- und Bildungsanstalten wurden geschlossen, Ordensniederlassungen, soweit sie nicht der Krankenpflege dienten, aufgehoben und die Ordensleute ausgewiesen. Allein in der Diözese Paderborn wurden 450 Ordensgeistliche zum Verlassen ihrer Klöster gezwungen. In der Bevölkerung verursachte dieses nicht geringe Unruhe. Um die Gebäude dem Zugriff des Staates zu entziehen, wurden Gebäude der Klöster und geistlichen Lehranstalten häufig von Bürgern oder Adligen gepachtet. Pauline von Mallinckrodt verkaufte das Gebäude der von ihr gegründeten Schwestern der christlichen Liebe an ihre Verwandtschaft in Böddeken.
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Der Paderborner Bischof Konrad Martin (1812-1879) wurde im Sommer 1874 das erste Mal verhaftet - es folgten Absetzung, Ausweisung und Tod im Exil - Stationen, die ihn zum populären Märtyrer des Kulturkampfes machten.


Bild- und Textmaterialien für den Schulunterricht zum Thema
 "Kulturkampf" bietet das Heft von Anne Roerkohl


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Gruppenfoto vor der Abschiebung: "Die letzten Patres von Warendorf", 1875


Zum Thema "Kulturkampf" bietet das Internet-Portal online weitere Quellen und Medien an
 
 
In Münster hatte es bereits öffentliche Proteste gegen die ersten kirchenpolitischen Maßnahmen 1871/1872 gegeben. An mehreren Orten kam es bei der Aufhebung der Klöster zu Widersetzlichkeiten, wie in Paderborn anlässlich der Schließung des Franziskanerklosters, wo die Polizei mit der Waffe gegen die Protestierenden vorging. Der katholische Adel brach, wie schon zur Zeit der Kölner Wirren, jeglichen gesellschaftlichen Verkehr mit den Repräsentanten von Verwaltung und Militär ab und bekannte sich bei jeder Gelegenheit demonstrativ zur verfolgten Kirche. Das Bürgertum stand ihm darin nicht nach. Der Druck auf die Kirche wurde weithin als Druck auf den Glauben empfunden und führte deshalb zu einer politischen Aktivierung der deutschen Katholiken. Im Dezember 1870 hatte ein Soester Kreis von Freunden Hermanns von Mallinckrodt den Anstoß zur Erneuerung der katholischen Partei gegeben, die unter dem Namen Zentrum im ersten Reichstag des Deutschen Reiches 57 Mandate gewann. Der Kulturkampf machte das Zentrum dann zur Volks- und Massenpartei. Im Jahre 1884 stellte sie im Reichstag 99 Abgeordnete.
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Zentrumspolitiker der ersten Stunde: Gemeinschaftsporträt von Ludwig Windthorst, Hermann von Mallinckrodt, Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler und den Brüdern August und Peter Reichensperger
 
 
Entsprechend wuchsen die katholische Presse und das Vereinswesen. Von 88.000 Mitgliedern des neuen Mainzer Katholikenvereins im Gründungsjahr 1872 wurden allein 70.000 in den beiden Westprovinzen gezählt. Den Beamten wurde der Beitritt verboten. Wegen Unterstützung sog. regierungsfeindlicher ultramontaner Bestrebungen wurden Mitglieder des Magistrats zu Münster mit Ordnungsstrafen belegt, zehn von 18 katholischen Landräten der Provinz aus ihrem Amt entfernt.

Allmählich aber geriet der Kampf in eine Phase der Stagnation. Trotz beachtlicher Erfolge des Staates hatte die Kirche sich ihm gegenüber behauptet. Die Wahl Leos XIII. zum Papst und der Sturz des Kultusministers Adalbert Falk eröffneten Aussichten auf eine Beilegung des Konflikts, die dann mit dem Abbau der kirchenfeindlichen Gesetze ab 1880 einsetzte. Bischof Brinkmann konnte 1884 in seine Diözese zurückkehren, während Erzbischof Melchers 1885 im Interesse des kirchenpolitischen Friedens resignierte. 1884 wurde in Münster auch der Geburtstag des Kaisers wieder feierlich begangen. Doch brauchte es noch viel Zeit, bis der katholische Bevölkerungsteil das verlorene Vertrauen zum preußischen Staat zurückgewann.
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Kaiser Wilhelm I. (1857 Stellvertreter seines kranken Bruders, 1858 König von Preußen, 1871-1888 Deutscher Kaiser)
 
 
 

2. Kreis- und Provinzialordnung

 
 
 
Wegen des Kulturkampfes wurde die Einführung der Kreisordnung von 1872 und der Provinzialordnung von 1875 in Westfalen bis 1886 hinausgeschoben. Diese Gesetze brachten eine erhebliche Erweiterung der Selbstverwaltung. Der Kreis erhielt eine Doppelgestalt. Neben den vom Landrat geleiteten staatlichen Verwaltungsbezirk trat der Kreisverband als Gebietskörperschaft der Selbstverwaltung mit Kreistag und Kreisausschuss als Organen. Der Kreistag wurde zu einer Repräsentativversammlung, die von drei lediglich zu diesem Zweck gebildeten Wahlverbänden der größeren Gutsbesitzer, der Amtsverbände und der Städte, besetzt wurde. Dem Kreistag stand vor allem der Beschluss der Kreisstatuten, -abgaben und -haushalt zu. Der Kreisausschuss bestand aus einem Staatsbeamten und sechs vom Kreistag gewählten Ehrenbeamten. Er war für bestimmte Verwaltungsaufgaben und Gemeindeaufsicht zuständig und diente als erstinstanzliches Verwaltungsgericht. Den Vorsitz in Kreistag und Kreisausschuss hatte der Landrat.

In der gleichen Weise wie die Kreisverfassung brachte die Provinzialverfassung eine Zweiteilung in den staatlichen Verwaltungsbezirk mit dem Oberpräsidenten an der Spitze und einem ihm beigeordneten Provinzialrat als beschlussfassendem Organ auf der einen und dem Provinzialverband auf der anderen Seite. Dessen Organe waren der Provinziallandtag sowie der Provinzialausschuss und ein Landeshauptmann. Der Provinziallandtag setzte sich zusammen aus Vertretern der Kreistage und kreisfreien Städte. Er wählte den Provinzialausschuss und den Landeshauptmann. Dem Provinzialverband wurden Aufgaben in drei verschiedenen Bereichen überwiesen. Er übernahm mit den Anstalten des ständischen Verbandes Aufgaben der allgemeinen Wohlfahrtspflege, der Anstaltsfürsorge und Jugendwohlfahrtspflege. Dazu kamen Neubau und Instandhaltung der Staatschausseen, Förderung der Landwirtschaft, vor allem der Landesmeliorationen und allgemeine Wirtschaftspflege sowie die landschaftliche Kulturpflege. Für die Deckung dieser Ausgaben wurde dem Provinzialverband mit dem Dotationsgesetz eine staatliche Rente gewährt, die bei Bedarf durch eine von den Stadt- und Landkreisen aufgebrachte Provinzialsteuer ergänzt werden konnte.
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Der Provinzialständische Verwaltungsausschuss, 1886


 Provinzialordnung vom 29.06.1875 und ihre Einführung in Westfalen mit Gesetz vom 01.08.1886


 Kreisordnung für die Provinz Westfalen, 31.07.1886


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Speisekarte zum Festessen am 24.08.1907 anlässlich des Besuchs Kaiser Wilhelms II. beim Provinzialverband Westfalen in Münster
 
 
 

3. Politische Parteien

 
 
 
Gegenüber dem politischen Katholizismus hatten Sozialdemokratie und Arbeiterbewegung in Westfalen lange Zeit wenig Bedeutung. Soweit sozialistisches Gedankengut verbreitet war, herrschten die Ideen Lassalles vor. Unter Leitung von Carl Wilhelm Tölcke organisierten sich bis zu ihrem Verbot im Jahre 1874 Gruppen des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins im märkischen Industriegebiet, im Ruhrgebiet und in Minden-Ravensberg. Nachdem sich auf dem Gothaer Kongress SAP und ADAV zur neuen Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands zusammengeschlossen hatten, konnte diese bei den Reichstagswahlen 1877 fast überall auch in Westfalen Gewinne erzielen, am höchsten in Dortmund mit 15,6 und in Bielefeld mit 13,5 %.

Nach dem Erlass des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie von 1878 wurde zwar ihre regionale Organisation zerschlagen, die staatlichen Unterdrückungsmaßnahmen konnten aber nicht verhindern, dass sich die Sozialdemokratie in dieser Zeit zur großen Massenpartei der Industriearbeiter und Handwerksgesellen entwickelte. Der Stimmenzuwachs war in Westfalen geringer als im Reich. Doch erreichte die SAP bei den letzten Wahlen unter dem Sozialistengesetz in Minden 13,33 % und in Arnsberg 14,24 % der Wählerstimmen. Der Elberfelder Prozess gegen 91 Sozialdemokraten war das letzte große Verfahren dieser Art. Insgesamt wurden in den zwölf Jahren der Verfolgung, bis das Gesetz am 30.09.1890 außer Kraft trat, 900 Personen ausgewiesen und 1.500 zu über 1.000 Jahren Haft verurteilt. Die jetzt in Sozialdemokratische Partei Deutschlands umbenannte Partei organisierte sich neu nach Provinzen. Im Dezember 1891 fand in Dortmund ihr erster Parteitag für Westfalen statt.
 
 
Neben Zentrum und Sozialdemokratie spielten andere Parteien bis zum Ersten Weltkrieg in der Provinz nur eine Nebenrolle. Siegen-Wittgenstein war lange Zeit die christlich-soziale Domäne des Hofpredigers Stoecker. In Lippe wurde liberal gewählt. In Minden-Ravensberg herrschten die Konservativen der zugleich christlich-sozialen wie konsequent rechten Observanz.
 
 
 
 

4. Bevölkerungsentwicklung

 
 
 
Der in den 1840er Jahren an der Ruhr einsetzende einzigartige Industrialisierungsprozess hat weit über dieses Gebiet hinaus neue Umwelt-, Arbeits- und Lebenszusammenhänge geschaffen. Durch technologische Innovationen verlagerte sich der industrielle Schwerpunkt langsam von Süden nach Norden. Die rasche Expansion des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus zog Arbeitskräfte zuerst aus den agrarischen Gebieten der Provinz und ihrer Nachbargebiete, dann zunehmend aus den preußischen Ostprovinzen an.

Im Jahre 1816 zählte Westfalen 1.066.270 Einwohner. Vom Eintritt in die Phase der Hochindustrialisierung 1880 bis 1914 wuchs die Einwohnerzahl der Provinz von 2,0 Mio. auf 4,5. Dieses bedeutete in einer Generation mehr als eine Verdoppelung, ein Zuwachs, wie ihn keine andere preußische Provinz und kein deutsches Land verzeichnen konnte. Der weitaus größte Teil dieses Bevölkerungszuwachses entfiel mit 272 bzw. 577 % auf die vom Industrialisierungsprozess erfassten Gebiete der Regierungsbezirke Münster und Arnsberg. Von 6,7 Mio. in den Provinzen Ost-, Westpreußen und Posen Geborenen lebten 1907 etwa 242.000 in Westfalen. Der Anteil der zumeist polnischen fremdsprachigen Bewohner erreichte in Bottrop 32,7 %, in Castrop-Rauxel 25 %. Sie riefen zahlreiche Vereine ins Leben, die nicht nur kulturelle sondern auch politische Belange vertraten und in der Provinz eine polnische Frage entstehen ließen. Der Zuzug veränderte auch das konfessionelle Bild, drehte es mancherorts geradezu um.

Schon früher hatten Sonderbehörden unter ökonomischen Zwängen Zuständigkeitsbereiche erhalten, die sich nicht nach den Provinzgrenzen richteten. Die Industrialisierung, die das Ruhrgebiet zum größten geschlossenen Industrieraum Europas machte, erzwang neue grenzübergreifende Interessenverbände. Dem nach Aufhebung des staatlichen Direktionsprinzips gegründeten Verein der bergbaulichen Interessen von 1858 folgte der Verein zur Wahrung der gemeinschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen und 1893 das Rheinisch-Westfälische Kohlesyndikat.

Noch blieb die Grenze der Provinz zur Rheinprovinz unverändert. Auf der Ebene der Gemeinden, Ämter und Kreise waren Grenzkorrekturen nicht aufzuschieben. Kreise wurden geteilt, und immer mehr Städte schieden aus den Landkreisen aus. Bis 1918 wurden 15 Städte kreisfrei, nachdem sie die in der Kreisordnung festgesetzte Wachstumsgrenze von 30.000 Einwohnern überschritten hatten. Dortmund erreichte 1894 die Zahl von 100.000 Einwohnern, Bochum 1904.



5. Industrialisierung

In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts stieg die Steinkohleproduktion von 2,2 auf 110,8 Mio. t. Die Belegschaft der Gruben wuchs von 14.299 auf 397.339. Im Jahre 1913 betrug der Anteil des Ruhrgebiets an der deutschen Steinkohleförderung 60, an der Kokserzeugung 77 %, an der Gewinnung von Nebenprodukten wie Teer, Benzol, Ammoniak, Leuchtgas aus Koksöfen bis zu 90 %. Mit dem Bergbau verbunden war die Verhüttung von Erzen und die Weiterverarbeitung von Eisen. Während die Montanindustrie im Siegerland zurückging, nahm sie an der Ruhr zu. 1912 belief sich der Anteil des Oberbergamtsbezirks Dortmund an der gesamtdeutschen Roheisenerzeugung auf 50 %.

Neben dem Steinkohlenbergbau und der Eisen- und Stahlerzeugung leistete die Textilindustrie mit der Baumwollverarbeitung im deutsch-niederländischen Grenzraum in Rheine und Gronau und dem neuen Zentrum Bielefeld einen wichtigen Beitrag zur Industrialisierung Westfalens. Wenn man, wie schon die Zeitgenossen, den Einsatz von Dampfmaschinen als Gradmesser des technischen Fortschritts ansieht, dann stand der Regierungsbezirk Arnsberg während des ganzen 19. Jahrhunderts an der Spitze der technischen Entwicklung. Er war führend sowohl hinsichtlich der Zahl der eingesetzten Dampfmaschinen als auch der erzeugten Energie.


6. Verkehrswesen

Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur blieb weiterhin ein Anliegen des Staates. Auch in der zweiten Jahrhunderthälfte finanzierte er den Ausbau großer Verbindungsstraßen. Der Straßenverkehr verlor zwar nicht an Bedeutung, doch verlagerte sich der wachsende Personen- und Güterverkehr zunehmend auf Schiene und Wasserstraße. Bis 1880 wurde die Hälfte des heutigen Schienennetzes fertig gestellt. Ab 1898 wurden Güterbahnen im Ruhrrevier gebaut, begann die Erschließung des ländlichen Raumes. 1913 war das Eisenbahnnetz in Westfalen vollendet und Westfalen in das europäische Verkehrsnetz eingebunden. Wenn auch das große Rhein-Weser-Elbe-Projekt des Dortmunder Kanalbaukomitees wegen der hohen Kosten nicht realisiert wurde, so konnten doch 1899 der 250 km lange Dortmund-Ems-Kanal eingeweiht, 1904 der Bau des Mittellandkanals begonnen und einige andere Wasserstraßen eröffnet werden.
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Bevölkerung Westfalens mit nichtdeutscher Muttersprache, 1905


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Fahne des polnischen St. Barbara-Knappenvereins in Dortmund-Eving, 1898


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Hüttenbetrieb, um 1880


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Panorama von Dortmund, nach 1893


Bild- und Textmaterialien für den Schulunterricht zu verschiedenen Themen der Industrialisierung bieten die Hefte  "Friedrich Harkort",  "Spuren des historischen Steinkohlenbergbaus",  "Technische Kulturdenkmäler" und  "Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet"


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Die 1855 als Aktiengesellschaft gegründete Ravensberger Spinnerei in Bielefeld - dargestellt auf einer Vogelschauansicht um 1870 - war im 19. und frühen 20. Jh. eine der größten Flachsspinnereien in Europa. Auf dem Hintergrund der heimgewerblichen Strukturkrise konnte das regionale Textilgewerbe seine Wettbewerbsfähigkeit erst durch eine Mechanisierung der Textilproduktion sichern.


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Feature "Ereignis des Monats": Karl Ditt über die  Gründung der Spinnerei Vorwärts in Bielefeld 1850


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Dortmund-Ems-Kanal: Alte Fahrt bei Olfen
 
 
 

7. Landwirtschaft

 
 
 
In der Landwirtschaft waren die Agrarreformen mit der Ablösung der Dienste und Abgaben, Teilung der gemeinen Marken, Verkoppelung und Aufhebung der Huderechte nahezu abgeschlossen. Aber weithin herrschte noch der bäuerliche Kleinbesitz mit der überlieferten Subsistenzwirtschaft vor, der von den agrarischen Innovationen wenig Gebrauch machte. Das Anwachsen der Städte führte zu einem raschen Anstieg der Lebensmittelnachfrage, wie sie die Landwirtschaft noch nicht erlebt hatte. Günstige Konjunkturen mit steigenden Agrargüterpreisen boten Anreiz zur Erhöhung der Produktion. Die seit dem frühen 19. Jahrhundert diskutierten Ergebnisse der Agrarwissenschaft wurden in die Praxis umgesetzt. Fachzeitschriften, Versuchsstationen, Fachschulen und vor allem die vom Staat geförderten landwirtschaftlichen Vereine mit ihren 15.000 Mitgliedern bestätigten sich dabei als Vermittler. Zwischen 1880 und 1914 wurde die Kartoffelproduktion fast verdoppelt. Die Getreideerzeugung wuchs um 60 %. Die Viehproduktion stieg bei Pferden und Rindvieh auf das Doppelte, bei Schweinen auf das Vierfache. Auf Initiative des Westfälischen Bauernvereins entstanden Bezugs- und Absatzgenossenschaften.

Mit Ausnahme des Paderborner Landes, wo nach der Einrichtung einer Tilgungskasse die Ablösung der gutsherrlichen Gefälle weitgehend abgeschlossen war, setzte sie in anderen Teilen der Provinz erst nach dem Erlass der Reformgesetze von 1850 ein. Bis dahin hatte die Generalkommission Ablösungen durch Barzahlung in Höhe von lediglich 6 Mio. Mark vermittelt. Insgesamt sind in Westfalen mithilfe der Rentenbank Lasten in Höhe von 65 Mio. Mark abgelöst worden. Der größte Teil davon fiel den ehemaligen adligen Gutsbesitzern zu. Durch Ablösung, Verkoppelung und Markenteilung wurde der Wert der Ländereien mancherorts um 50-100 % gesteigert.
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Das Gruppenbild vom Bauernhof Vornholt in Borken-Weseke aus der Zeit um 1900 - Bauer rechts, auf dem Heurechen sitzend, und Bäuerin Bildmitte - verdeutlicht den hohen Personalaufwand der landwirtschaftlichen Produktion vor der Mechanisierung, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg durchsetzte: um die Jahrhundertwende waren in Deutschland noch 70 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig.


 Königreich Preußen: "Gesetz, betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse", 02.03.1850


 Königreich Preußen: "Gesetz über die Errichtung von Rentenbanken", 02.03.1850 und  Erlass vom 24.06.1850
 
 
 

8. Streikbewegungen

 
 
 
Materielle Forderungen standen nur im Vordergrund. Tatsächlich war es der Unmut über die Auswirkungen der Berggesetzgebung der 50er und 60er Jahre auf Sozialstruktur und Betriebsverfassung, der im Juni 1872 im Essener Kohlenbezirk zum ersten organisierten Ausstand von Bergarbeitern führte. Er ging zwar nach sechs Wochen erfolglos zu Ende, hatte aber zur Folge, dass noch im selben Jahr der allerdings ergebnislose Versuch unternommen wurde, eine zentrale Bergarbeitergewerkschaft zu gründen. Wachsender Leistungsdruck, zunehmende Deklassierung und das Konfliktpotenzial wenig anpassungsfähiger Bergtagelöhner aus dem Osten veranlassten im Mai 1889 annähernd 100.000 Bergleute die Arbeit niederzulegen. Der Regierungspräsident von Rosen in Arnsberg gab damals voreilig dem Drängen der Großindustriellen auf Verhängung des Belagerungszustandes nach. Bei dem verhängnisvollen Einsatz von Militär wurden in Gelsenkirchen drei Bergleute erschossen. Bismarck forderte eine neutrale Haltung der Behörden, und der Kaiser empfing eine Deputation der Streikenden und versprach wohlwollende Unterstützung, wenn die Streikbewegung sich von sozialistischen Umsturzbestrebungen freihalte. Der Ausstand wurde mit einem Teilerfolg beendet. Die preußische Regierung nahm ihn zum Anlass, die Verhältnisse im Bergbau neu zu regeln.
 
 
 
 

9. Parteien, Gewerkschaften, Verbände

 
 
 
Der große Streik brachte der Sozialdemokratie an der Ruhr zunehmend Anhänger. Er wurde aber auch für den deutschen Katholizismus Anlass zu eigener Gewerkschaftspolitik. Unmittelbares Ergebnis des Ausstands war zunächst eine neue Solidarität. Mit dem Verband zur Wahrung und Förderung der bergmännischen Interessen in Rheinland und Westfalen, dem sog. Alten Verband, entstand die erste ihren Zielen nach überparteiliche und überkonfessionelle, tatsächlich aber stark von der Sozialdemokratie beeinflusste dauerhafte Bergarbeiterorganisation. Christliche Bergarbeiter riefen den katholischen Gewerkverein Glück auf ins Leben. Bis zum Ersten Weltkrieg konnte sich die christliche Arbeiterbewegung einen beachtlichen zweiten Platz sichern. 1911 waren zwei Drittel aller Bergarbeiter gewerkschaftlich organisiert. Der Alte Verband zählte 120.000, der Christliche Gewerkverein 84.000, die Polnische Berufsvereinigung 47.000 und die Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften 3.000 eingeschriebene Mitglieder.

Die SPD gewann weiter an Boden und konnte ihren Anteil bei den Reichstagswahlen in der Provinz von 1898 bis 1912 von 22,4 auf 28,8 %, im Regierungsbezirk Arnsberg von 22,4 auf 33,8 % steigern. Zu ihren zehn Vertretern im preußischen Abgeordnetenhaus gehörte 1913 der Bergarbeiterführer Otto Hué. Er hatte sich vor allem durch sein Eintreten für konfessionelle und parteipolitische Unabhängigkeit der Gewerkschaften einen Namen gemacht. Das Zentrum ging zwar von 55,2 auf 33,8 % zurück, blieb aber die herrschende Kraft.

Der 1871 vom Freiherrn von Schorlemer-Alst gegründete Westfälische Bauernverein sicherte dem Zentrum Einfluss auf die ländliche Bevölkerung, in katholischen Frauenvereinen auf die Frauen, durch die Arbeitervereine und christlichen Gewerkschaften auf die katholische Arbeiterschaft.
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Eintrittskarte zur "Mai-Feier" der SPD Hagen-Schwelm, 1910


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Burghard von Schorlemer-Alst (1825-1895), der Initiator des Westfälischen Bauernvereins


 Materialien zur Gründung des Westfälischen Bauernvereins
 
 
 

10. Evangelische Kirche und Diakonie

 
 
 
Anders als unter dem katholischen Bevölkerungsteil hat es in evangelischen Kreisen keinerlei nennenswertes Engagement für eine konfessionelle politische Partei gegeben. Adolf Stoeckers christlich-soziale Bewegung blieb Episode. Als Gegenwirkung gegen den politischen Katholizismus war jedoch der Evangelische Bund zur Wahrung deutsch-protestantischer Interessen gedacht. Er wurde 1886 in Thüringen ins Leben gerufen und fand in Westfalen eine große Anhängerschaft. Wirksamer blieb indes die Erweckungsbewegung. Bereits in den 50er Jahren sind unter ihrem Einfluss eine Reihe von diakonischen Einrichtungen entstanden. In besonderer Weise typisch ist für die evangelische Kirchengeschichte Westfalens das Werk Friedrichs von Bodelschwingh geworden. Aus dem Geist der Erweckung schuf er im Zusammenwirken mit Bielefelder Fabrikanten 1873/76 das große Sozialwerk der diakonischen Anstalten in Bethel. Seine besondere Fürsorge galt den Nichtsesshaften und Wanderarbeitern, denen das Unterstützungswohnsitzgesetz von 1870 keinerlei Sicherheit gab. Für sie errichtete Bodelschwingh 1882 in der Senne die erste deutsche Arbeiterkolonie. Andere Einrichtungen der Inneren Mission für entlassene weibliche Strafgefangene, für geistige Behinderte u. a. wurden zum Teil, wie die sog. Krüppelanstalt Volmarstein, von Mitarbeitern Bodelschwinghs begründet.
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Pfarrer Friedrich von Bodelschwingh (1831-1910) schuf in Bethel bei Bielefeld verschiedene sozial-karitative und kirchliche Einrichtungen, darunter Pflege- und Krankenhäuser sowie ein Diakonissenmutterhaus. Er war Gründer der ersten Arbeiterkolonie in Wilhelmsdorf. Bild- und Textmaterialien für den Schulunterricht zum Thema bietet das  Text- und Bildheft von Johannes Bernard
 
 
 

11. Westfalen, Rheinland, Preußen

 
 
 
Das liberale Bürgertum machte bald nach der Reichsgründung seinen Frieden mit dem preußischen Staat, und nach dem Ende des Kulturkampfes zeigten auch die Katholiken Versöhnungsbereitschaft. Wie andernorts entstanden in Westfalen zahlreiche Kaiser- und Bismarckdenkmäler. An einer durch die Natur besonders ausgezeichneten Stelle - der Porta Westfalica - wurde das Kaiser-Wilhelm-Denkmal der Provinz Westfalen errichtet. 3.000 Westfalen fuhren 1895 nach Friedrichsruh, um Bismarcks 80. Geburtstag zu feiern. Als eine der letzten preußischen Provinzen erhielt Westfalen 1902 in Münster eine Universität, seit 1907 Westfälische Wilhelms-Universität. In der Grafschaft Mark und in Ravensberg, in Minden und, wenngleich bescheidener, in Münster, gedachte man bei Jubiläumsfeiern der Zugehörigkeit zu Preußen.

Wenn Kaiser Wilhelm II. 1907 anlässlich eines Festmahls in Münster davon sprach, dass die Provinz Westfalen zeige, dass es wohl möglich sei, historische, konfessionelle und wirtschaftliche Gegensätze in versöhnlicher Weise zu einen in der Liebe und Treue zum gemeinsamen Vaterland, so übersah er allerdings wie viele das Hauptproblem der Zeit: die soziale und politische Eingliederung der Industriearbeiterschaft in die Gesellschaft.

Die Industrialisierung mit ihren tief greifenden Folgen hat die beiden westlichen Provinzen Preußens - Rheinland und Westfalen - enger miteinander verbunden als es gemeinsame geschichtliche Erinnerungen vermochten. Wirtschaftskraft und Bevölkerungsdichte, ein Drittel der Bevölkerung auf einer Fläche von weniger als einem Sechstel des Staatsgebietes, haben ihnen zunehmendes Gewicht innerhalb Preußens gegeben. Gleichzeitig ist vom Westen aus seit der Mitte des Jahrhunderts bürgerliches Gedankengut in den Osten gedrungen und hat Einfluss sowohl auf die ökonomische wie die politische Willensbildung genommen.
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Bauarbeiten am Kaiser-Wilhelm-Denkmal, 1895


Feature von Johannes Platz zur
 Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals an der Porta Westfalica


Bild- und Textmaterialien für den Schulunterricht bietet das Themenheft  "Kaiser-Wilhelm-Denkmal" an der Porta Westfalica von Georg Hebbelmann


 Rede Wilhelms II. bei einem Festmahl für die Provinz Westfalen am 31.08.1907 im Landesmuseum Münster
 
 
 

12. Literatur

12.1 Allgemeine Geschichte


Nipperdey, Thomas
Arbeitswelt und Bürgergeist. Deutsche Geschichte 1866-1918. Bd. 1. München 1990.

Wehler, Hans-Ulrich
Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 3: 1849-1914. München 1995.

Franz, Georg
Kulturkampf, Staat und katholische Kirche in Mitteleuropa von der Säkularisation bis zum Abschluß des preußischen Kulturkampfes. München 1954.

Huber, Ernst Rudolf (Hg.)
Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Bd. 3: Bismarck und das Reich (2. Aufl.); Bd. 4: Struktur und Krisen des Kaiserreichs. Stuttgart-Berlin 1963/1969.
 
 
 

12.2 Westfälische Geschichte

Behr, Hans-Joachim
Die Provinz Westfalen und das Land Lippe 1813-1933. In: Wilhelm Kohl (Hg.), Westfälische Geschichte, Bd. 2: Das 19. und das 20. Jahrhundert. Politik und Kultur, Düsseldorf 1983, S. 45-164.
Dieser Beitrag zum dem vierbändigen Sammelwerk bringt einen Überblick über die Geschichte der preußischen Provinz Westfalen und des Landes Lippe. Den Schwerpunkt bildet dabei die politische Geschichte. Der Kulturkampf, die Entwicklung der Parteien, politischen Gruppierungen und Interessenverbände werden ebenso behandelt wie die Industrialisierung und Bevölkerungsentwicklung, die Verwaltungsreformen und die Ausbildung der kommunalen Selbstverwaltung.

Behr, Hans-Joachim
Die preußischen Provinzialverbände: Verfassung, Aufgaben, Leistung. In: Karl Teppe (Hg.), Selbstverwaltungsprinzip und Herrschaftsordnung, Münster 1987, S. 11-44.
In einer Zusammenfassung werden die Entstehungsgeschichte der preußischen Provinziallandschaften, ihre Aufgaben und Leistungen dargestellt. Dabei zeigt sich, daß die Kommunalverbände in der Kultur-, Sozial- und Wirtschaftspolitik schon früh eine bedeutende Rolle gespielt haben.

Behr, Hans-Joachim
Die Regierung in Arnsberg 1815-1945. In: Reinhard Feldmann (Hg.), Die Historische Bibliothek des Regierungsbezirks Arnsberg, Münster 1999, S. 11-24.
Geboten wird die exemplarische Geschichte einer staatlichen Mittelinstanz in Westfalen von ihrer Einrichtung bis zum Ende des zweiten Weltkrieges.

Brepohl, Wilhelm
Der Aufbau des Ruhrvolkes im Zuge der Ost-West-Wanderung. Beiträge zur deutschen Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Soziale Forschung und Praxis, Bd. 7. Recklinghausen 1948.
Diese immer noch bemerkenswerte ältere Arbeit ist der erste Versuch einer volkskundlichen Erforschung der Bevölkerung im Gebiet von Lippe-Emscher-Ruhr. Untersucht werden die Zusammensetzung nach Herkunft und die Veränderungen unter dem industriellen Milieu, die zur Entwicklung (Umvolkung) eines neuen Typs führen.

Ditt, Karl / Gudermann, Rita / Rüße, Norwich (Hg.)
Agrarmodernisierung und ökologische Folgen. Westfalen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Forschungen zur Regionalgeschichte, Bd. 40. Paderborn 2001.
Nach einem knappen Überblick über die Landwirtschaft und ihr Verhältnis zur Umwelt werden Modernisierung und langjährige Weichenstellungen, Bevölkerungszuwachs, Nahrungsmittelbedarf und Markt untersucht. Weitere Themen sind die Agrarpolitik, die Modernisierungsprozesse und ihre Konsequenzen für die Umwelt, Veränderungen der Raumgliederung und des Landschafsbildes sowie deren Wahrnehmung durch die Gesellschaft.

Düwell, Kurt / Köllmann, Wolfgang (Hg.)
Rheinland-Westfalen im Industriezeitalter. Bd. 1: Von der Entstehung der Provinzen bis zur Reichsgründung. Wuppertal 1983; Bd. 2: Von der Reichsgründung bis zur Weimarer Republik. Wuppertal 1984.
Die Bände enthalten Beiträge zu den verschiedenen Aspekten der Landesgeschichte, ohne Anspruch auf ein geschlossenes Bild.

Faust, Anselm (Red.) in Verbindung mit Norbert Andernach und Dieter Lück
Nordrhein-Westfalen. Landesgeschichte im Lexikon.
Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen, Reihe C 31. Düsseldorf 1993.
Ein landesgeschichtliches Nachschlagewerk, geeignet zur schnellen Orientierung.

Hegel, Eduard / Stupperich, Robert / Brilling, Bernhard (Hg.)
Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Provinz Westfalen. Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen Reihe 38: Beiträge zur Geschichte der Preussischen Provinz Westfalen, Bd. 2. Münster 1978.
In drei Teilen werden die katholische Kirche, die evangelische Kirche und das Judentum in der Provinz Westfalen behandelt. Neben der beide christlichen Kirchen berührenden sozialen Frage und theologischen Einflüssen spielt für die katholische Kirche der Kulturkampf eine besondere Rolle.

Hubatsch, Walther (Hg.)
Grundriß der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945. Bd. 8: Westfalen. Marburg 1980.
Die Reihe liefert eine vergleichbare Verwaltungsgeschichte der preußischen Provinzen und deutschen Länder. Neben einer Beschreibung der naturräumlichen Voraussetzungen, bringen die Bände u. a. Angaben über die Verwaltungsgliederung, Amtszeiten der leitenden Beamten und Charakteristiken der Kreise nach amtlichen Kreisbeschreibungen. Quellenhinweise und Kartenmaterial sind beigefügt.

Kerckering zur Borg, Engelbert Frhr. von (Hg.)
Beiträge zur Geschichte des westfälischen Bauerstandes. Berlin 1912 (ND Münster 1988).
Der vom Westfälischen Bauernverein herausgegebene umfangreiche Band enthält neben einigen zeitgebundenen Artikeln mehrere materialreiche Beiträge zur Agrargeschichte des 19. Jahrhunderts. Themen sind u. a. die Entwicklung des bäuerlichen Erbrechts, wirtschaftliche Verhältnisse und Steuergesetzgebung, die Generalkommission für die Zusammenlegungen und Gemeinheitsteilungen, der Westfälische Bauernverein sowie Vereins- und Genossenschaftswesen und Landwirtschaftskammern.

Klessmann, Christoph
Bergarbeiter im Ruhrgebiet 1870-1945. Soziale Integration und nationale Subkultur einer Minderheit in der deutschen Industriegesellschaft. Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 30. Göttingen 1978.
Gegenstand der Untersuchung sind einerseits Prozess und Faktoren der sozialen Integration der polnischen Minderheit im Ruhrgebiet, andererseits die Herausbildung und Gestalt einer nationalen Subkultur als Gegenbewegung gegen den Integrationsprozess. Den Ausgang bildet die Situation der Landarbeiter und Kleinbauern in den preußischen Ostprovinzen, die zu Wanderungsbereitschaft führt. Lebens- und Arbeitsverhältnisse, nationale Subkultur und eigenständige Bildungsbemühungen werden ausführlich dargestellt.

Klueting, Harm
Geschichte Westfalens. Das Land zwischen Rhein und Weser vom 8. bis zum 20. Jahrhundert. Paderborn 1998.
Die Geschichte der Provinz findet in dieser Gesamtdarstellung breite Aufmerksamkeit. In mehreren Kapiteln werden Staat und Verwaltung, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung, Schul- und Bildungswesen, Parteien, Wahlen und Gewerkschaften behandelt.

Köllmann, Wolfgang / Korte, Hermann / Petzina, Dietmar / Weber, Wolfhard (Hg.)
Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. 2 Bde. Düsseldorf 1990.
Die breit angelegte Geschichte des rheinisch-westfälischen Industriereviers hat ihren Schwerpunkt im 20. Jahrhundert. Sie geht aber auch auf den Beginn der Industrialisierung ein und bringt daneben Untersuchungen zur Entfaltung der Industriewirtschaft, Bevölkerungsgeschichte, Landwirtschaft und Handwerk in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Band 2 enthält ein ausführliches Quellenverzeichnis.

Leesch, Wolfgang
Verwaltung in Westfalen 1815-1945. Organisation und Zuständigkeit Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen Reihe 38: Beiträge zur Geschichte der Preussischen Provinz Westfalen, Bd. 4. Münster 1992.
Die alle Verwaltungsbereiche sowohl der staatlichen Verwaltung, der kommunalen und wirtschaftlichen Selbstverwaltung wie der Gerichtsbarkeit einbeziehende Geschichte zerfällt in zwei Teile. Der erste bringt die Darstellung der eigentlichen Behördengeschichte, der zweite Behördenlisten.

Teuteberg, Hans-Jürgen
Vom Agrar- zum Industriestaat 1850-1914. In: Wilhelm Kohl (Hg.), Westfälische Geschichte, Bd. 3: Das 19. und das 20. Jahrhundert. Wirtschaft und Gesellschaft, Düsseldorf 1984, S. 163-311.
In acht Abschnitten werden Bevölkerung, Bergbau, Eisen- und Stahlerzeugung, Handwerk und Industrie, Energiewirtschaft, Verkehr, Handel, Post, Geld, Kapital, Kredit, Unternehmer und Gewerkschaften, Landwirtschaft und abschließend Staat und Wirtschaft in der Periode der Hochindustrialisierung behandelt. Zahlreiche Tabellen, Statistiken und Pläne erweitern die Ausführungen.
 
 
 
Stand des Haupttextes: 2004.